Predigt zum Dreifaltigkeitssonntag (Mt 28,16-20)

Unerklärbar

Wir glauben an den dreifaltigen Gott – wir glauben an Gott Vater, wir glauben an Gott Sohn, wir glauben an Gott Heiliger Geist – und dennoch glauben wir, dass Gott nur einer ist, einer in drei Personen. Erklären und beweisen können wir dieses eher unlogische Gottesbild leider nicht, und schon gar nicht können wir es beweisen.

Das ist aber nichts Ungewöhnliches. Das gibt es auch in der Welt der Wissenschaft. Der italienische Physiker Carlo Rovelli hat zum Beispiel in seinem neuesten Buch die Theorie aufgestellt, dass es im weiten Universum neben den so genannten „schwarzen Löchern“, die alle Materie in sich einsaugen, auch „weiße Löcher“ geben muss, die das Gegenteil betreiben, nämlich Materie ausstoßen. Beweisen kann er das nicht, es ist nur etwas, das man als Konsequenz zur Relativitätstheorie Albert Einsteins schließen muss. Daher spricht von der möglichen Existenz weißer Löcher und hofft, dass diese irgendwann einmal, genauso wie die schwarzen Löcher nachgewiesen werden können.

Wir sehen also, dass selbst die klügsten Naturwissenschaftler etwas behaupten, was sie nicht beweisen können: Da muss es etwas geben, sagen sie, aber wir können es nicht beweisen, jedenfalls jetzt noch nicht, aber vielleicht später.

Genauso argumentieren seit Jahrhunderten die christlichen Theologen. Es muss so sein, dass der eine Gott, an den wir glauben, ein Gott in drei Personen ist, anders können wir uns die Aussagen der Bibel nicht erklären, aber beweisen können wir es nicht.

Die Bibel spricht davon, dass es nur einen einzigen Gott gibt, wie wir heute in der ersten Lesung hörten. Er ist der Schöpfer der Welt, der Gott im Himmel droben und auf der Erde unten. Keiner sonst.

Und dann erleben wir Jesus Christus, der von sich sagt, dass ihm alle Vollmacht gegeben ist im Himmel und auf Erden und der uns den Auftrag gibt, im Namen des Vaters des Sohnes und des Heiligen Geistes zu taufen – also nicht nur auf Gott zu taufen, sondern auf Vater und Sohn und Geist.

Aus solchen Sätzen heraus entstand im Laufe der Jahrhunderte der Glaube an den dreifaltigen Gott, an den einen Gott in drei Personen … immer jedoch mit dem Zusatz, dass Gott, der sich als Vater und Sohn und Geist offenbarte, dennoch der ganz andere ist und bleibt.

Und das ist eigentlich das Wichtigste bei unserem Glauben an den dreifaltigen Gott, nämlich seine Unbegreiflichkeit. „Wie armselig wäre unser Gott“, so meinte der heilige Franz von Sales, „wenn wir kleine Geister ihn verstehen könnten“ (vgl. DASal 3,225). Wir sollten also aufpassen, dass wir Gott nicht klein machen, in dem wir genau wissen, wer er ist und wie er ist. Das gilt übrigens auch für die Ablehnung Gottes. Der Atheist oder der Agnostiker streichen Gott aus ihrem Leben, weil er nicht beweisbar ist. Das heißt: Sie wollen Gott so klein haben, dass ihr menschlicher Geist ihn beweisen kann. Und noch schlimmer ist das neueste Phänomen, das es mittlerweile in unserer Gesellschaft immer häufiger gibt, nämlich der so genannte Apatheist. Das ist der, dem völlig egal ist, ob es einen Gott gibt oder nicht, denn der Apatheist lebt ohnehin nur so, wie er leben will, egal ob Gott existiert oder nicht.

Unser Glaube an den Dreifaltigen Gott bewahrt uns davor, Gott klein zu machen. Er lädt uns vielmehr dazu ein, Gott zu loben, zu preisen und anzubeten … auch wenn ich ihn nicht ganz oder gar nicht verstehe. Und daher ist es gut, dass es diese Gottesvorstellung gibt: Gott Vater, Gott Sohn, Gott Heiliger Geist – drei Personen, aber trotzdem nur ein einziger Gott. Amen.

P. Herbert Winklehner OSFS