Predigt zum 7. Sonntag im Jahreskreis (Mt 5,38-48)
Narren-Botschaft
Wahrscheinlich gibt es gar keine bessere christliche Botschaft an die Welt zum heutigen Faschingssonntag, als dieser Abschnitt aus der Bergpredigt, den wir soeben gehört haben.
Büttenredner, Kabarettisten, Spaßmacher und Hofnarren halten ja der Welt immer einen Spiegel vor die Nase. Jesus tut das heute im Grunde auch:
Wenn dich einer auf die rechte Wange schlägt, dann halte ihm auch die andere hin.
Wer dir das Hemd wegnehmen will, dem gib auch den Mantel.
Wer dich zwingt, eine Meile mit ihm zu gehen, mit dem gehe zwei.
Liebt eure Feinde – betet für die, die euch verfolgen.
Und schließlich der Höhepunkt der jesuanischen Forderungen: „Seid vollkommen, wie euer himmlischer Vater vollkommen ist.“ – also: Seid genauso vollkommen wie Gott selbst.
Wenn man etwas intensiver über all das nachdenkt, so kann einem da wirklich manchmal das Lachen auskommen. Das muss doch ein Witz sein, den Jesus da erzählt, das kann er doch gar nicht ernst meinen.
Und sehr oft in der Geschichte hat man sich darüber auch seinen Spaß gemacht, seinen Heidenspaß. Christen wurden und werden immer noch geschlagen, mit der Begründung, dass sie ja auch die zweite Wange hinhalten müssen – und dann hat man noch mal draufgehauen.
Wir haben heute zwei Möglichkeiten, wie wir mit diesem Text umgehen können: Wir streichen dieses Kapitel der Bergpredigt einfach aus unserem Leben und wenden uns der Spaßkultur zu, singen, tanzen, hüpfen und springen durch die Welt mit all den Masken, die uns gerade passen. So wie es die Venezianer taten, als die Pest durch die Stadt zog – genauso wie in Wien: O du lieber Augustin, alles ist hin.
Oder wir nehmen die Worte Jesu ernst und versuchen sie in unser Leben zu integrieren.
Der verstorbene österreichische Liedermacher Georg Danzer hat einmal ein Lied gesungen mit dem Titel „Nur der Narr ist wirklich frei“. Und diese Aussage kann uns tatsächlich dabei helfen, die Forderungen Jesu, seine Feinde zu lieben und vollkommen wie Gott zu sein, trotzdem ernst zu nehmen.
Denn genau darum geht es: Jesus zeigt uns einen Weg, der uns wirklich frei macht, unabhängig, glücklich – und dieser Weg erscheint sehr vielen als Narretei, weshalb der Apostel Paulus ja auch einmal in einem Brief schreibt: Wir Christen, wir sind „Narren um Christi willen“ (1 Kor 4,10). Wir gehen Wege, die völlig verrückt sind, haben Ziele, die viele als Hirngespinste ansehen. Wir tun es um Christi willen – weil wir diesem Jesus Christus, dem Gekreuzigten und Auferstandenen, glauben, dass er unser Weg, unsere Wahrheit und unser Leben ist, und weil wir davon überzeugt sind, dass der Weg, den er uns zeigt, so verrückt dieser auch erscheinen mag, der Weg ins Glück ist, der Weg zur Vollendung.
Die heilige Johanna Franziska tat sich schwer, mit ihrem Nachbarn umzugehen, der ihren Ehemann getötet hat. Sie fragte den heiligen Franz von Sales, wie sie sich verhalten soll. Ihn ignorieren, ihn bekämpfen, bestrafen für sein Unrecht, oder Verzeihen? Franz von Sales erinnerte sie an die Feindesliebe, von der wir im Evangelium gehört haben, und meinte, das wäre das Ziel. Das soll sie immer im Auge behalten, auch wenn es ihr derzeit noch nicht möglich ist. Sie soll aber auch nichts erzwingen, sondern den Schritt des Verzeihens gehen, wenn der Zeitpunkt gekommen ist. Johanna Franziska von Chantal hat diesen Rat befolgt – und konnte dem Mörder ihres Ehemannes schließlich tatsächlich verzeihen – und es war für sie wie eine Befreiung von einer schweren Last, die ihr Leben begleitete (vgl. DASal 5,88-89).
Wenn die Zeit des Faschings einen Sinn haben soll, dann jenen, dass er uns auf das Osterlachen einstimmt, auf den Jubel am Ostermorgen: das Böse, der Hass, der Krieg, der Streit, Feindschaft, Ungerechtigkeit, Ausbeutung, Leid, Schmerz und Tod, all das Negative dieser Welt, das uns belastet und erdrückt, wird besiegt durch den, der als Narr verspottet und ans Kreuz genagelt wurde. Ihm folgen wir. Amen.
P. Herbert Winklehner OSFS