Predigt zum 7. Sonntag der Osterzeit (Joh 17,6a.11b-19)
Weisheit des Herzens
heute wird nicht nur der Muttertag gefeiert, die katholische Kirche begeht auch den Welttag der Sozialen Kommunikationsmittel. In der Öffentlichkeit wird das interessanterweise kaum wahrgenommen, obwohl es um ein Thema geht, das jeden Menschen jeden Tag betrifft. Es geht um Kommunikation und die Mittel dafür: angefangen von der Zeitung, über Radio, Fernsehen bis hin zu den neuen Medien des Internets. Ohne das Handy ist heute Kommunikation ja kaum mehr vorstellbar.
Jedes Jahr veröffentlicht der Papst zu diesem Welttag eine eigene Botschaft. In diesem Jahr nun beschäftigt sich Papst Franziskus mit dem Thema der Künstlichen Intelligenz, die unsere Welt der Medien und der Kommunikation vor ganz neue Herausforderungen stellt. Papst Franziskus widmet sich dieses Themas unter dem Titel „Die Weisheit des Herzens – Für eine wahrhaft menschliche Kommunikation“. Er beschreibt darin nicht nur die Chancen, die die „Künstliche Intelligenz“ bietet, er weist auch auf die Gefahren hin, die diese neue Technik mit sich bringt: Verfälschung der Wahrheit, Manipulation der Wirklichkeit bis hin zum Einsatz als Waffe und Kriegsgerät. Die Auswirkungen sind längst wirksam. Fakenews, Deep Fake, Desinformationen der Öffentlichkeit sind keine Seltenheit mehr und der Ruf nach klaren gesetzlichen Regelungen wird immer lauter und auch dringlicher. Erst kürzlich meinte der Informatiker Yoshua Bengio, einer der Pioniere der Entwicklung der Künstlichen Intelligenz, dass „beim derzeitigen Stand der Technik eine Gefährdung der Demokratie, der nationalen Sicherheit und der Verlust der Kontrolle an übermenschliche KI-Systeme sehr plausibel“ sei.
Papst Franziskus macht in seiner Botschaft darauf aufmerksam, dass künstliche Intelligenz vor allem eines nicht kann, was für eine jede menschliche Kommunikation wesentlich ist und wir deshalb nicht außer Acht lassen dürfen: Künstliche Intelligenz besitzt nicht die „Weisheit des Herzens“. Und was meint Franziskus damit?
„Die Herzensweisheit“ so schreibt der Papst, „ist jene Tugend, die es uns ermöglicht, das Ganze und die Teile, die Entscheidungen und ihre Folgen, die Stärken und die Schwächen, die Vergangenheit und die Zukunft, das Ich und das Wir miteinander zu verbinden. Diese Weisheit des Herzens […] ist eine Gabe des Heiligen Geistes, die es ermöglicht, die Dinge mit den Augen Gottes zu sehen, die Zusammenhänge, Situationen, Ereignisse zu verstehen und ihre Bedeutung zu entdecken. […]“ All das ist einer „künstlichen Intelligenz“ nicht möglich.
Das passt auch wunderbar zum heutigen Evangelium, in dem Jesus nicht nur darum betet, dass seine Jüngerinnen und Jünger die Einheit untereinander und mit Gott bewahren und dadurch vor dem Bösen in der Welt beschützt werden. Vor allem betet Jesus, dass die Jüngerinnen und Jünger in der Wahrheit geheiligt werden, weil das Wort Gottes die Wahrheit ist.
All das wird uns durch die „Weisheit des Herzens“ geschenkt: Einheit untereinander und mit Gott, Bewahrung vor bösen Einflüssen und Heiligung in der Wahrheit, damit wir die Freude in Fülle erleben. Mit dieser „Weisheit des Herzens“ sollten wir auch das Mittel der Künstlichen Intelligenz betrachten, damit ihre Chancen genutzt, ihre Gefahren aber vermieden werden.
Es sei noch angefügt, dass für Papst Franziskus der heilige Franz von Sales nicht nur der Patron der Journalistinnen und Journalisten ist, sondern der Schutzpatron aller Menschen mit Kommunikationsstörungen, weil er eben diese „Weisheit des Herzens“ besaß, die für jede Kommunikation wesentlich ist. „Wie glücklich werden Sie sein,“ so schrieb Franz von Sales einmal in einem Brief, „wenn Sie sich mitten in der Welt Jesus Christus in Ihrem Herzen bewahren!“ (DASal 6,43) Das wäre auch allen zu empfehlen, die mit künstlicher Intelligenz zu tun haben. Amen.
P. Herbert Winklehner OSFS