Predigt zum 2. Adventsonntag (Mk 1,1-8)

Johannes der Täufer

Die Zeit des Advents ist dazu da, sich wieder einmal etwas intensiver mit dem Glauben zu beschäftigen und darüber nachzudenken, ob mein Leben als Christ, als Christin nicht auch eine kleine Auffrischung bräuchte. Dazu bietet uns der Advent eine Fülle an Heiligengestalten an, außerdem Bilder und Symbole sowie biblische Texte an. Der Nikolaus oder die heilige Barbara zum Beispiel, der Adventkranz, das Licht der Kerzen, die Herbergsuche, oder Worte wie „Seid wachsam“ oder das Magnifikat der Gottesmutter Maria.

Die Adventsgestalt oder der Bote des Advents schlechthin ist jedoch der Prophet Johannes der Täufer, dieser berühmte „Rufer in der Wüste“, der das Kommen des so sehnsüchtig erwarteten Messias ankündigt und damit zum Bindeglied zwischen dem Alten und dem Neuen, oder besser zwischen dem Ersten und dem Zweiten Testament der Bibel wird. Er ist jener Prophet des Volkes Gottes, der das Kommen des Messias nicht nur ankündigt und prophezeit, sondern diesen Messias in der Gestalt Jesu auch tatsächlich erlebt.

Was können wir von diesem Johannes dem Täufer lernen? Das Evangelium, das wir soeben hörten, enthält ein paar wichtige Gedanken, die noch heute gültig sind:

Johannes der Täufer ruft den Menschen damals und heute zu: „Bereitet den Weg des Herrn! Macht gerade seine Straßen!“ Diese Botschaft stellt mir jeden Tag von Neuem die Frage: Lasse ich Gott in meinem Leben ankommen, oder gibt es Blockaden, die weggeräumt werden müssen. „Die Kirche lädt uns ein“, so meint der heilige Franz von Sales, „Jesus Christus gut zu empfangen.“ Was aber bedeutet das konkret? Was muss ich tun, damit sich Jesus bei mir, in meinem Herzen, in meiner Seele, in meinen Gedanken wirklich wohlfühlt?

Eine weitere Aussage des Täufers aus dem heutigen Evangelium lautet: „Nach mir kommt einer, der ist stärker als ich.“ Diese Aussage stellt mir die Frage: Welchen Stellenwert hat Jesus Christus in meinem Leben? Erkenne ich an, dass er stärker ist als ich, oder glaube ich eher, dass ein Leben ohne Jesus Christus auch ganz gut funktioniert? Wozu brauche ich Jesus eigentlich? Und eine weitere Frage: Lasse ich durch mein Leben Jesus Christus groß werden – oder halte ich ihn eher klein? Wann habe ich das letzte Mal jemandem gesagt, dass Jesus Christus für mich der Größte ist, der sämtliche Größen dieser Welt bei weitem übersteigt? Wann habe ich jemandem spüren lassen, dass Jesus Christus mein Vorbild ist, der mein Leben nachhaltig beeinflusst, lenkt und leitet? „Glücklich die Seele,“ so behauptet Franz von Sales, „die überall den gekreuzigten Jesus Christus sieht“ (DASal 9,199). Sehe ich Jesus Christus in meinem Leben? Und macht mich das wirklich glücklich?

Schließlich erinnert mich die Botschaft des Johannes des Täufers an meine Taufe und an meine Firmung. Das sind die beiden grundlegenden göttlichen Zeichen, die mir geschenkt wurden, damit ich mit ganzer Kraft meinen Beitrag zum Aufbau des Reiches Gottes in dieser Welt leisten kann. Tue ich das? Lasse ich mich von Jesus Christus zum Werkzeug seiner frohen Botschaft vom Reich Gottes machen? Bin ich ihm dankbar dafür, dass ich mit Wasser und Heiligem Geist getauft wurde? Und bin ich bereit, ihm auch dann zu folgen, wenn es mir schwerfällt? Franz von Sales rät uns: „Machen Sie Ihr armes Herz froh, damit es neuen Mut fasst, Gott zu dienen“ (DASal 12,384).

Zu diesem frohen Herzen und diesem neuen Mut möchte uns Johannes der Täufer anspornen, damit wir die Zeit des Advents nützen, Jesus Christus den Weg freizuräumen, seine Größe zu preisen und ihm als Werkzeug seiner Botschaft zu dienen. Amen.

P. Herbert Winklehner OSFS