Predigt zum Karfreitag (Joh 18,1-19,42)
So nicht!
Wenn wir am heutigen Tag das Kreuz enthüllen und verehren, dann glorifizieren wir damit kein Folterwerkzeug und wir verharmlosen es auch nicht, noch machen wir es zu einem dekorativen Kunstobjekt, das unsere Kirchen, Wohnungen, Straßen und Plätze schmückt …
„Wir verehren das Kreuz nie anders“ so sagte der heilige Franz von Sales, „als in der Absicht, den Gekreuzigten zu ehren. Zu eurem Trost gebe ich euch den Rat: wenn ihr das Kreuz anschaut, sollt ihr stets den Gekreuzigten an ihm sehen.“ (DASal 9,60).
Und nicht nur das. Mit dem gekreuzigten Jesus blicken wir genauso auf die verachteten, verspotteten, verprügelten, vergewaltigten, zerschundenen, erschlagenen, ermordeten und vom Leid geplagten Menschen sowie auf die ausgebeutete und zerstörte Schöpfung … jede Sünde, jedes Leid hat Jesus Christus mit diesem Kreuz getragen und uns damit einen Handlungsauftrag für alle Zeiten erteilt: So nicht! Wenn ihr weiter so mit den Menschen und der Umwelt umgeht, wie mit mir, dann führt dies unweigerlich in die Karfreitagskatastrophe.
Die Kreuzverehrung des Karfreitags, oder besser: die Verehrung des Gekreuzigten Jesus Christus ist also unsere christliche Art und Weise zu protestieren: gegen Hass und Terror, gegen Missbrauch und Gewalt, gegen die Zerstörung der Umwelt, gegen die Ausbeutung der Armen und Schwachen, gegen die Ausgrenzung von Menschen aufgrund von Rasse, Religion oder sexueller Orientierung, und wir protestieren mit dem Gekreuzigten Jesus Christus für den Frieden, für die Gerechtigkeit und für die Bewahrung der Schöpfung.
Der Gekreuzigte am Kreuz des Todes wird zum Mahnmal gegen alles Tödliche in dieser Welt, und zum Rufzeichen zur Umkehr: So nicht! Das führt in die Katastrophe, kehrt um – Lebt, wofür ich gelebt habe und wofür ich gestorben bin. Lebt die Liebe.
„Der sicherste Weg zur Frömmigkeit ist der,“ so sagt der heilige Franz von Sales, „der zu Füßen des Kreuzes verläuft: Demut, Einfachheit und Herzensgüte.“ (DASal 6,102).
Denken wir daran, wenn wir nun das Kreuz unseres Herrn Jesus Christus enthüllen und verehren. Lassen wir uns von Jesus ansprechen und uns bekehren. Amen.
P. Herbert Winklehner OSFS