Predigt zum Fest Heilige Familie (Lk 2,41-52)

Im Herzen bewahren

Auch wenn wir die Familie Jesu mit Maria und Josef als „heilig“ bezeichnen, so bedeutet das nicht, dass sie ein von Sorgen freies Leben ohne Herausforderungen leben konnten. Diese Idylle gab es nicht und das heutige Evangelium zeigt uns das ja auch. Der zwölfjährige Jesus verschwindet einfach, muss „mit Schmerzen“, wie es heißt, gesucht werden. Und als er gefunden ist, reagiert er unverständlich: Ihr hättet doch wissen müssen, wo ich bin. Der Evangelist Lukas versucht natürlich, diesen Konflikt zwischen Jesus und seinen Eltern zu entschärfen, in dem er am Schluss extra darauf hinweist, dass Jesus seinen Eltern gehorsam war und seine Weisheit wuchs, dennoch wird auch dadurch klar, dass der Sohn mehr und mehr seine eigenen Wege zu gehen beginnt.

In der Familie des heiligen Franz von Sales war das ähnlich. Sein Vater hatte genaue Vorstellungen über die Zukunft seines ältesten Sohnes: er soll Jurist werden, die beste Frau der Gegend heiraten und das Schloss übernehmen, und ich kann in Frieden sterben. Dann aber sagt Franz von Sales: Nein, Vater, ich möchte einen anderen Weg gehen, ich möchte Priester werden. Die Biographen schreiben, dass der Vater danach seine Tränen nicht zurückhalten konnte und sich ohne ein Wort zu sagen in sein Arbeitszimmer zurückzog.

Auch Papst Franziskus sieht die Realitäten in den Familien. Daher möchte er, dass wir im Heiligen Jahr 2025, das er an Weihnachten eröffnete, die jungen Menschen in den Blick nehmen, die „oft erleben, wie ihre Träume zerbrechen“. „Nehmen wir uns der jungen Menschen an,“ sagt er. „Sie sind eine Freude und Hoffnung für die Kirche und für die Welt!“ (Spes non confundit 12)

Gleiches gilt für die „älteren Menschen, die oft Einsamkeit und Verlassenheit erfahren“. „Die christliche Gemeinschaft und die Zivilgesellschaft sind verpflichtet,“ so meint Franziskus, „den Schatz, den sie darstellen, ihre Lebenserfahrung, die Weisheit, die sie besitzen, und den Beitrag, den sie leisten können, zur Geltung zu bringen und für ein Bündnis zwischen den Generationen zusammenzuarbeiten“ (Spes non confundit 14).

Besonders denkt er dabei an die „Großväter und Großmütter … Mögen sie Halt erfahren in der Dankbarkeit ihrer Kinder und in der Liebe ihrer Enkelkinder“ (ebd.).

Sowohl bei der Heiligen Familie, als auch in der Familie des heiligen Franz von Sales war das Wesentliche, dass Gott in ihrer Mitte wohnt. Von ihm fühlten sie sich in ihren Konflikten und Sorgen getragen. Ihr Glaube gab ihnen Stütze, Halt und Orientierung. Und darauf kommt es auch Papst Franziskus an. Wir sind unterwegs mit einer Hoffnung, die uns trägt. Gott ist – wie wir es an Weihnachten immer wieder hören und feiern – Gott ist „Immanuel“, Gott mit uns. Er begleitet unser Leben und möchte, dass wir bei allem Hin und Her gut durchs Leben kommen. Er ist das Fundament, dass uns auch in stürmischen Zeiten Halt gibt.

Daran erinnert uns das heutige Fest der Heiligen Familie. Es geht nicht um ein idyllisches Familienleben, sondern um ein Leben, das Gott nicht ausschließt, das Gott in unsere Familien hineinnimmt und sich von ihm tragen lässt. Es geht schlicht und einfach darum, dass wir Gott, so wie Maria, „im Herzen bewahren“. Der heilige Franz von Sales formulierte das mit folgenden Worten: „Legen Sie all Ihre Hoffnung, Ihre Liebe und Ihr Vertrauen in Gott, denn so werden Sie immer froh und zufrieden leben“ (DASal 6,74). Amen.

P. Herbert Winklehner OSFS