Predigt zum Fest Erscheinung des Herrn (Mt 2,1-12)
Gold – Weihrauch – Myrrhe
der heilige Franz von Sales liebte Bilder und Symbole – und da wurde er gerade beim heutigen Evangelium von den Sterndeutern aus dem Osten, die den neugeborenen König suchen, reich beschenkt. Das Evangelium will mit dieser schönen Geschichte deutlich machen, dass dieses Kind Jesus nicht nur für das Volk Israel von größter Bedeutung ist, sondern für die ganze Welt. Daher nennen wir das heutige Fest auch „Epiphanie“ – „Erscheinung des Herrn“: Jesus erscheint der ganzen Welt als ihr Erlöser und Heiland – und die ganze Welt, symbolisiert durch die drei Sterndeuter aus dem Osten, beugt ihre Knie und huldigt ihm. Der Evangelist Matthäus stellt damit von Beginn an klar, dass dieser Jesus, von dem er erzählen will, jener verheißene Messias ist, der die ganze Welt retten wird.
Der heiligen Franz von Sales beschäftigte sich bei dieser Erzählung vor allem mit den drei Gaben, die die Sterndeuter dem göttlichen Kind schenkten: Gold, Weihrauch und Myrrhe. Und er fragte sich, was denn diese drei Geschenke für uns bedeuten könnten. Und in einem Brief deutet er diese Gaben folgendermaßen:
„Ach, wann werden wir ganz Myrrhe sein durch Selbstabtötung, Weihrauch durch Gebet und Gold durch Nächstenliebe?“ (DASal 5,351).
Myrrhe ist für ihn also das Symbol der Abtötung, Weihrauch steht für das Gebet und das Gold für die Liebe. Diese drei Dinge sollen wir durch unser Leben Gott schenken und daher darüber nachdenken, wie das denn praktisch geschehen könnte.
Das Gold der Liebe etwa bedeutet, dass ich mich stets vom Hauptgebot leiten lasse, das uns Jesus verkündete: „Liebe Gott aus ganzem Herzen, mit ganzer Kraft, mit ganzer Seele und mit all deinen Gedanken – und liebe deinen Nächsten wie dich selbst.“ Gottes-, Nächsten- und Selbstliebe sollen all mein Handeln prägen. „Die Liebe allein bestimmt den Wert unseres Tuns“ (DASal 6,368), wie Franz von Sales sagt.
Das zweite Geschenk ist dann das Gebet, symbolisiert durch den Weihrauch, der nach oben steigt. Das Gebet ist für Franz von Sales die segensreiche Quelle, die mein Leben zum Grünen und Blühen bringt. Ohne Gebet, ohne den ständigen Kontakt mit Gott verdorrt mein Leben, trocknet aus. Wenn ich also Gott mit meinem Gebet beschenke, dann beschenke ich mich eigentlich selbst und dieses Gebet soll mein Leben, meinen Alltag dauerhaft prägen.
Schließlich das dritte Geschenk, das heute wahrscheinlich am schwierigsten zu erklären ist: die Myrrhe der Abtötung. Die Myrrhe ist ein wertvolles Heilkraut, das zwar bitter schmeckt, aber sehr heilsam wirkt. Abtötung meint, dass es nicht in erster Linie um mich geht und um die Erfüllung meiner Wünsche und Vorstellungen, sondern um Gott und darum, dass sein Wille auf dieser Welt geschieht. Mit dem Symbol der Myrrhe sage ich wie Jesus am Ölberg zu Gott: „Nicht mein, sondern dein Wille soll geschehen.“ Damit spreche ich Gott mein Vertrauen aus, dass das, was er will, das Beste ist, was mir passieren kann, selbst dann, wenn ich diesen Willen nicht verstehe. Diese Selbstabtötung oder besser diese Hingabe an den Willen Gottes kann also durchaus bitter sein, aber sie ist immer sehr heilsam.
Das Weihnachtsfest erhält mit dem heutigen Fest der Erscheinung des Herrn also noch einmal ein besonderes Gewicht für unseren Glauben. Am Heiligen Abend waren wir vielleicht noch durch alles Mögliche abgelenkt. Heute aber wird uns deutlich: die Menschwerdung Gottes gilt der ganzen Welt und unsere Antwort auf diese Menschwerdung lautet: Ich will Gott lieben und den Nächsten wie mich selbst, ich will mein Leben zum Gebet machen und Gottes Wille soll geschehen. Dieses Gold, diesen Weihrauch und diese Myrrhe soll ich wie die Sterndeuter aus dem Osten Gott in die Wiege legen, dann auf die Knie fallen und anbeten. Amen.
P. Herbert Winklehner OSFS