Predigt zum Dreifaltigkeitssonntag (Joh 3,16-18)
Der Dreifaltigkeit auf der Spur
Einmal im Jahr sind wir ganz besonders herausgefordert, uns mit unserem christlichen Gottesbild näher zu beschäftigen, das sich nach jahrhundertelangen philosophischen und theologischen Diskussionen herausgebildet hat: die Dreifaltigkeit.
Wer ist Gott für mich? An welchen Gott glaube ich? Was bedeutet es für mich, dass ich an den dreifaltigen Gott – Vater, Sohn, Geist – glaube?
Einen Versuch, auf all diese Fragen eine Antwort zu geben, sind verschiedene Symbole, die Gott darstellen wollen: Gott Vater als die Hand, die alles erschaffen hat und uns durch seine Gebote Orientierung gibt; Gott Sohn, das Lamm Gottes, das sich opferte, um uns zu erlösen und am Ende der Zeiten das Buch mit den sieben Siegeln öffnen wird – also alle Fragen und Rätsel auflösen wird, und schließlich der Heilige Geist, die Taube, die ihre sieben Gaben über die Welt ausgießt. Alle diese Bilder sind oft durch Kreise oder Dreiecke vereint: Ein Gott in drei Personen, eine Einheit in der Vielfalt.
Ein anderes Bild oder Symbol ist der Vergleich mit einem Orchester. Jede Musikerin und jeder Musiker haben unterschiedliche Instrumente und Begabungen, aber zusammen bilden sie ein Ganzes, das die Herzen der Menschen erfreut. Auch dieses Bild kann eine Spur sein, die uns dem Geheimnis der Dreifaltigkeit näherbringt: Unser Gott ist nicht starr wie ein Monolith, er ist dynamisch und lebendig, er bewegt Mensch und Welt wie die harmonische Einheit eines wohlklingenden Orchesters.
Der heilige Franz von Sales versuchte der Heiligsten Dreifaltigkeit mit dem Wort Liebe auf die Spur zu kommen. Die Liebe ist vielfältig, kreativ, lebendig – und trotzdem ist sie die einende Kraft, die alles zusammenhält. Aber selbst dieses Bild ist nur eine Spur, die wir verfolgen können, um uns dem göttlichen Geheimnis anzunähern, letztlich aber bleibt Gott für uns alle der Unbegreifliche, dessen ganze Größe wir nie vollkommen verstehen werden. Da bleibt dann nur das Staunen und die Anbetung. „Wie armselig wäre unser Gott, würden wir kleine Geister ihn verstehen.“ Das ist das Ergebnis, das uns auch der Kirchenlehrer Franz von Sales schließlich vermittelt.
So ähnlich beschreibt es auch die Bibel in ihren unterschiedlichsten Texten von der Genesis bis zur Offenbarung, wohl wissend, dass uns letztlich nichts anderes übrigbleibt als sich genauso wie Mose auf den Boden zu werfen und zu bekennen: „Der Herr ist der Herr. Ein barmherziger und gnädiger Gott, langmütig und reich an Erbarmen.“ Oder wie der Evangelist Johannes: „Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, gerettet wird.“
Wir selbst erleben und erfahren wie die Menschen der Bibel Gott immer wieder neu: Als Kind glaubten wir anders als in der Jugend, als Erwachsener oder im Alter. Unsere Gebete verändern sich, so wie sich das Leben verändert. Das Bild des dreifaltigen Gottes beschützt uns daher auch vor der Gefahr, Gott allzu klein zu machen, ihn im Laufe unseres Lebens auf ein Modell festzulegen, oder ihn gar für uns und unsere Pläne zu instrumentalisieren.
Der dreifaltige Gott macht uns deutlich: Egal, an welchen Gott du glaubst, er ist immer auch der ganz Andere, er ist dreifaltig einer, ganz nah und doch so fern. An einem Tag glaubst du, ihn verstanden zu haben, am nächsten spürst du plötzlich nur noch Leere, weil sich Gott deinen Gedankengängen entzogen hat.
Der heilige Franz von Sales ging nach vielen Jahren des Nachdenkens über Gott den Weg des Mystikers. Am Ende seiner hunderte Seiten langen Ausführungen über Gott und seine Liebe konnte er nur ausrufen:
„O ewige Liebe, meine Seele verlangt nach dir und erwählt dich auf ewig! Ach, komm Heiliger Geist und entzünde unsere Herzen mit Deiner Liebe!“ (DASal 4,316).
So zu beten empfiehlt er auch uns: Dreifaltiger ewiger Gott, du bist und bleibst der unbegreifliche, aber ich erwähle dich auf ewig. Amen.
P. Herbert Winklehner OSFS