Predigt zum Christkönigssonntag (Mt 25,31-46)

Solidarität mit den Geringsten

Der Christkönigssonntag beschließt das Kirchenjahr. Dieses Fest macht uns deutlich, auf welches Ziel wir unterwegs sind – und dieses Ziel heißt Jesus Christus. Auf ihn hin ist die gesamte Schöpfung von Anfang an ausgelegt. So wie es auch das Große Glaubensbekenntnis der Christenheit seit dem Konzil von Konstantinopel aus dem Jahr 381 – also seit mehr als 1600 Jahren – formuliert:

Jesus Christus „sitzt zur Rechten des Vaters und wird wiederkommen in Herrlichkeit, zu richten die Lebenden und die Toten; seiner Herrschaft wird kein Ende sein.“

Im Laufe des Kirchenjahres haben wir Jesus in den unterschiedlichsten Situationen erlebt: als Kind von Betlehem, als Verkünder der frohen Botschaft, als Heiland, der Wunder wirkt und Dämonen austreibt, als Kritiker des politischen und religiösen Establishments, als großartigen Erzähler von Geschichten, Bildern und Gleichnissen, und schließlich als den verspotteten, geschlagenen, verurteilten und gekreuzigten, aber am dritten Tag auferstandenen Herrn.

Heute zeigt er sich uns als Weltenrichter und macht uns noch einmal unmissverständlich deutlich, dass er auf der Seite der Armen steht. „Was ihr für einen dieser Geringsten getan oder nicht getan habt, das habt ihr auch mir getan oder nicht getan.“

Macht, Herrschaft, Größe, Herrlichkeit und Königtum bedeuten also im Sinne Jesu immer Solidarität mit den Geringsten. Genau dort ist Jesus zu finden. Wer ihm dienen will, der diene den Hungrigen und Durstigen, den Fremden und Nackten, den Kranken und Gefangenen.

Deshalb lebte auch der heilige Franz von Sales stets nach der Devise: „Ich für meine Person werde alles tun, um dem Geringsten aller meiner Kinder, die Gott mir geschenkt hat, zu dienen“ (DASal 5,105).

Das ist der Anspruch, den wir uns als Christinnen und Christen zu stellen haben.

Mit diesem Gleichnis vom Weltgericht wollte Jesus übrigens seinen Jüngerinnen und Jüngern nicht Angst, sondern Mut machen. Zu dem Zeitpunkt, als er es ihnen erzählte, waren nämlich seine Jüngerinnen und Jünger genau diese Geringsten, die Ausgestoßenen und Verfolgten – ihnen sagt Jesus: Keine Angst, ich bin auf eurer Seite. In jenen Ländern, in denen das Christentum noch heute zur verfolgten Minderheit gehört, gilt diese Botschaft immer noch: Habt keine Angst, Jesus Christus ist bei euch. Ihr werdet nicht untergehen.

Und dort, wo das Christentum nicht verfolgt wird, ja sogar zu den Mächtigen und Einflussreichen der Gesellschaft zählt, dort verlangt er Solidarität.

Aufgabe eines Herrschenden ist es nicht, sich bedienen zu lassen, sondern zu dienen. Der Größte von euch, der sei der Diener aller. Das ist die Botschaft, die der König und Weltenrichter in seiner Herrlichkeit an all jene aussendet, die Macht und Einfluss haben.

Die Frage des heutigen Sonntags lautet also: Wo sind die Geringsten unter uns – Genau dort finden wir auch unseren König Jesus Christus. Und Franz von Sales rät uns: Selbst „die geringsten guten Werke, auch wenn sie etwas lässig und nicht mit voller Liebeskraft verrichtet werden, sind Gott angenehm und haben ihren Wert.“ (DASal 3,165). Amen.

P. Herbert Winklehner OSFS