Predigt zum 1. Adventsonntag (Mk 13,33-37)

Wachsam im Advent

Der Begriff „Advent“ verschwindet leider immer mehr aus unserem alltäglichen Sprachgebrauch, zumindest das, was wir Christinnen und Christen darunter tatsächlich verstehen.

Vom kommerziellen Standpunkt aus betrachtet, befinden wir uns ja schon einige Wochen lang in der „Weihnachtszeit“. Damit doch noch ein wenig deutlich wird, dass diese Weihnachtszeit in Wirklichkeit erst in der Heiligen Nacht vom 24. auf den 25. Dezember beginnt und dann bis zum Fest der Taufe des Herrn am Sonntag nach dem Epiphaniefest, dem Fest der Heiligen Drei Könige dauert, bürgert sich immer mehr der Begriff „Vorweihnachtszeit“ als eine Art Kompromiss ein. Damit verschwindet allerdings auch etwas aus unserem Bewusstsein, das für unseren Glauben als Christinnen und Christen wesentlich ist und gerade im Begriff „Advent“ zum Ausdruck kommt.

Advent, vom Lateinischen „adventus“ heißt „Ankunft“. Genauer noch geht es um den „Adventus Domini“, um die „Ankunft des Herrn“, also um Jesus Christus, aber nicht als „Kind von Betlehem“, denn das geschah bereits vor 2000 Jahren, sondern in seiner Macht und Herrlichkeit am Ende der Zeiten. Im Advent werden wir daran erinnert, dass unser Leben, so wie es ist, nicht immer so bleibt und ewig so sein wird, sondern, dass dass wir irgendwann unserem Herrn Jesus Christus von Angesicht zu Angesicht begegnen werden.

„Gebt Acht und bleibt wach!“ ruft uns deshalb Jesus Christus im heutigen Evangelium zu. „Denn ihr wisst nicht, wann die Zeit da ist.“

Die Adventszeit ist also nicht einfach nur die Vorbereitungszeit auf den Heiligen Abend, die Zeit des Schreibens von Weihnachtsgrüßen, des Suchens nach geeigneten Geschenken, das Besuchen von Christkindlmärkten und Weihnachtsfeiern, sondern es ist die Zeit der Vorbereitung auf meine persönliche Begegnung mit Jesus Christus.

Das Verstehen wir unter „Advent“: Wachsam sein, Vorbereitet sein auf das Kommen des Herrn. Es geht um die Frage: Bin ich bereit für diese Begegnung oder ist noch etwas zu tun? Ist in meinem Leben, in meinem Herzen, in meiner Seele aufgeräumt, so dass ich Jesus mit offenen Armen, offenem Herzen empfangen kann?

„Der wache Glaube“, so meint der heilige Franz von Sales, „setzt all seine Kraft und Klugheit ein, um alles zu tun, was er vermag, um Gott näher zu kommen“ (DASal 9,432).

Oder Papst Franziskus sagte einmal ganz ähnlich in einer Predigt: „Lassen wir uns in dieser Adventszeit aus unserer Erstarrung wachrütteln, lasst uns aus unserem Schlummer erwachen! Fragen wir uns: Bin ich mir dessen bewusst, was ich erlebe, bin ich aufmerksam, bin ich wach? Versuche ich, Gottes Gegenwart in den alltäglichen Situationen zu erkennen, oder bin ich abgelenkt? Seien wir also wachsam!“

In diesem Jahr ist der Advent sehr kurz … es sind nur drei Wochen. Der Vierte Adventsonntag ist gleichzeitig der Heilige Abend. Nutzen wir also diese Zeit gut für unsere Wachsamkeit, so wie es uns Jesus Christus empfiehlt. Wir wissen eben nicht, wann der Hausherr kommt und er sollte uns, wie wir im heutigen Evangelium hörten, nicht schlafend antreffen. Amen.

P. Herbert Winklehner OSFS