Predigt zum 7. Sonntag im Jahreskreis (Lk 6,27-38)
Die Spirale der Gewalt durchbrechen
Wohin die Spirale der Gewalt führt, das können wir in der Menschheitsgeschichte bis heute erleben. Obwohl ein Krieg, egal ob in der Familie, in der Nachbarschaft oder in der Weltpolitik noch nie zu einer dauerhaften, zufriedenstellenden Lösung geführt hat, greift der Mensch trotzdem immer wieder zu diesem Mittel … und leidet unter den katastrophalen Folgen.
Wir Christinnen und Christen sind „Pilger der Hoffnung“, weil wir uns an Jesus und seiner Botschaft orientieren. Und diese Botschaft folgt einem anderen Konzept – wie wir es gerade im Evangelium hörten:
„Liebt eure Feinde. Tut Gutes denen, die euch hassen, segnet, die euch verfluchen, betet für die, die euch beschimpfen, wer euch schlägt, dem haltet auch die andere Wange hin, wer euch den Mantel nimmt, dem gebt auch das Hemd“ …
Dieses Gegenkonzept zur Spirale der Gewalt war und ist natürlich nicht unumstritten. Christinnen und Christen, die es befolgten, wurden dafür oft genug ausgelacht, als weltfremd betitelt und im schlimmsten Fall eingesperrt, gefoltert und getötet … allerdings auch bewundert, ausgezeichnet oder heiliggesprochen: Dietrich Bonhoeffer, Martin Luther King, Nelson Mandela, die Geschwister Scholl, Franz von Assisi, Oscar Romero, und viele weitere Zeuginnen und Zeugen, die trotz heftiger Gegenwehr dafür eintraten, die Welt im Sinne Jesu zu verändern.
Franz von Sales könnte man durchaus in diese Liste aufnehmen, auch wenn seine Art und Weise weit weniger spektakulär war. Trotzdem vertrat er vor Herzögen und Königen genauso wie in den kirchlichen und privaten Konflikten stets die Überzeugung, dass Gewalt keine Lösung ist, sondern nur Barmherzigkeit. „Seid barmherzig, wie auch euer Vater im Himmel barmherzig ist“, meint Jesus … Bei Franz von Sales klingt das so: „Das Fehlen des Friedens ist die Quelle allen Unglücks, aller Bedrängnis und Not … Denn ich bitte euch, woher kommt so viel Armut, unter der viele leiden, wenn nicht von der elenden Anmaßung der anderen, ihren Besitz zu vermehren und reich zu sein, auch wenn es auf Kosten des Nächsten geschieht? … Was ist der Untergang des Friedens, wenn nicht die Prozesse, der Ehrgeiz, das Verlangen nach Ehren, Würden und Vorrang? Wenn der Friede unter den Menschen herrschte, würde man solches Elend nicht sehen. …
Mit einem Wort, nichts führt Krieg gegen den Menschen als der Mensch selbst. Es gibt nichts, was nicht vom Menschen und nur vom Menschen geordnet und gelenkt werden könnte. … Wenn die Menschen untereinander in Frieden lebten, könnte nichts ihre Ruhe stören.“ (DASal 9,334-335)
Um des Friedens willen, um die Spirale der Gewalt zu durchbrechen, plädiert Franz von Sales für das Konzept Jesu, in dem die Barmherzigkeit Gottes den Ton angibt.
Das können wir auch in der Botschaft von Papst Franziskus zum Heiligen Jahr 2025 nachlesen:
„Weil die Menschheit die Dramen der Vergangenheit vergisst,“ schreibt Papst Franziskus, „wird sie von einer neuen, schwierigen Prüfung heimgesucht, bei der viele Völker von der Brutalität der Gewalt getroffen werden. … Wie ist es möglich, dass ihr verzweifelter Hilfeschrei die Verantwortlichen der Nationen nicht dazu bewegt, den allzu vielen regionalen Konflikten ein Ende zu setzen? … Ist es ein zu großer Traum, dass die Waffen schweigen und aufhören, Zerstörung und Tod zu bringen? … Die Dringlichkeit des Friedens fordert uns alle heraus und verlangt von uns konkrete Projekte. Die Diplomatie darf in ihrem Bemühen nicht nachlassen, mutig und kreativ … dauerhaften Frieden zu schaffen.“
Mutig und kreativ dem Konzept Jesu zu folgen … dazu sind wir eingeladen, nicht um uns immer größere Lasten aufzulegen, sondern um glücklich sein, im guten, vollen, gehäuften, überfließendem Maß. Amen.
P. Herbert Winklehner OSFS