Predigt zum 5. Sonntag im Jahreskreis (Lk 5,1-11)
Nicht ohne Hoffnung
„Nicht ohne Hoffnung“ – so lautet der Titel eines der Bücher des tschechischen Priesters und Theologen Tomáš Halík. Darin beschreibt er, wie wesentlich die göttliche Tugend der Hoffnung für unseren christlichen Glauben ist. Und wie schon in anderen seiner Büchern weist er darauf hin, dass die christliche Hoffnung weit mehr ist, als das, was wir Optimismus nennen. Der Optimist sieht das Leben, egal, was darin geschieht, immer positiv und sagt: „Alles wird gut!“ Die christliche Hoffnung geht jedoch noch einen Schritt weiter. Sie gibt nämlich auch dann nicht auf, wenn nichts mehr gut ist und man nicht mehr weiß, was man noch tun soll.
Eine solche Situation erlebt der Apostel Petrus im heutigen Evangelium: „Herr, wir haben die ganze Nacht gearbeitet und nichts gefangen.“ Es ist also völlig hoffnungslos, noch mal mit dem Boot hinauszufahren. Es bringt nichts, glaube mir, ich bin Fischer, ich habe Erfahrung.
Solche Situationen sind uns in der Kirche gerade heute nicht fremd. Wir bemühen uns seit Jahren, die Menschen für den Glauben zu gewinnen. Die Zahlen der Kirchenstatistik sprechen eine ganz andere Sprache: der Gottesdienstbesuch geht zurück, die Kirchenaustritte steigen. Die Menschen wollen mit Kirche, mit dem Glauben, immer weniger zu tun haben. Sie haben eben andere Interessen. Und warum soll man sich denn auch mit einer Institution beschäftigen, die von Skandalen gebeutelt wird, völlig veraltete Ansichten vertritt und Geld kostet.
Ja, so könnte man sagen: Wir haben all unsere Kräfte verwendet, um diese Situation zu verbessern, aber es hat nichts gebracht.
Hier kommt nun die Hoffnung ins Spiel, die mehr ist als nur Optimismus. Die christliche Hoffnung ist nämlich getragen von Gottvertrauen. Sie hört wie Petrus auf das Wort Jesu, der sagt: Fahr trotzdem hinaus und wirf deine Netze aus. Und die Hoffnung antwortet wie Petrus: „Auf dein Wort hin werde ich die Netze auswerfen“.
Das ist die christliche Hoffnung, die uns auch Papst Franziskus in diesem Heiligen Jahr der Hoffnung deutlich machen möchte: Wir Christinnen und Christen sind nicht einfach Optimisten, wir sind vielmehr „Pilger der Hoffnung“. Wir vertrauen auf das Wort Jesu. Sein Beispiel macht uns deutlich, dass es selbst in der finstersten Stunde, in der alles verloren erscheint, in der dunklen Nacht des Kreuzes, eine Hoffnung gibt. Nach dem Karfreitag kommt ein Ostermorgen. Das Böse, die Sünde, der Tod haben nie das letzte Wort, sondern immer die Auferstehung. Und das zeigt uns auch das heutige Evangelium: Petrus ist überwältigt von der Unmenge an Fischen, die sie gefangen haben. Er fällt vor die Füße Jesu und sagt: Geh weg, ich bin ein Sünder, ich habe dir nicht vertraut. Und Jesus gibt ihm die Antwort, die uns allen gilt, die wir Pilger der Hoffnung sind: „Fürchte dich nicht!“
Auch der heilige Franz von Sales möchte uns dazu anregen, hoffnungsvolle Menschen zu werden, die vom Gottvertrauen getragen sind – ganz egal, was im Leben auch geschieht. So schreibt er in seinem Buch „Philothea“:
„Stütze dich in allen Arbeiten völlig auf die Vorsehung Gottes; nur sie gibt deinen Plänen das Gelingen. Trage ruhigen Gemütes deinen Teil dazu bei und sei überzeugt, wenn du dein ganzes Vertrauen auf Gott gesetzt hast, wirst du den besten Erfolg haben … Mache es wie die kleinen Kinder: Mit der einen Hand halten sie sich am Vater fest, mit der anderen pflücken sie Erdbeeren und Brombeeren am Wegrain. So sammle und gebrauche auch du die irdischen Güter mit der einen Hand, mit der anderen halte dich an der Hand des himmlischen Vaters fest. Schau immer wieder zu ihm auf, … hüte dich vor allem, seine Hand loszulassen … Hält er dich nicht mehr, dann wirst du keinen Schritt tun, ohne hinzufallen“ (DASal 1,135).
Das genau sagt uns die christliche Hoffnung: Wer die Hand Gottes loslässt, der fällt hin, wer sich aber an der Hand Gottes festhält, der wird den besten Erfolg haben. Amen.
P. Herbert Winklehner OSFS