Predigt zum Fest Darstellung des Herrn (Lk 2,22-40)
Das Licht einer Kerze
Eine Kerze hat eine große Symbolkraft. Ich merke das immer ganz besonders, wenn ich am Beginn eines Requiems für die oder den Verstorbenen eine Kerze an der Osterkerze anzünde. Da wird es in der Kirche meistens ganz still. Das Entzünden einer Kerze spricht die Menschen eben auf besondere Weise an.
Daher beginnt auch der Höhepunkt des Kirchenjahres, die Feier der Osternacht, mit der Feuerweihe und dem Entzünden der Osterkerze … das „Lumen Christi“, das „Licht Christi“, das die Finsternis der Nacht erhellt. Und das Lichtspiel des Adventkranzes macht uns deutlich: je näher wir dem Weihnachtsfest kommen, umso heller wird es – bis dann der Christbaum hell erleuchtet ist.
Franz von Sales meint, dass wir uns durch das Entzünden einer Kerze sehr gut die Gegenwart Gottes unter uns verdeutlichen können. So wie das Licht einer Kerze den Raum erhellt, so erhellt Gott unser Leben. So wie eine Kerze sich selbst verzehrt, um Licht zu spenden, so hat sich Jesus Christus am Kreuz geopfert, um uns das Leben in Fülle zu schenken.
Der greise Simeon und die Profetin Hanna aus dem heutigen Evangelium haben das sofort verstanden, als sie im Tempel das Kind Jesus erblickten. Daher auch ihr Lobgesang: Meine Augen haben das Heil gesehen. Ein Licht, das die Menschheit erleuchtet und die Herrlichkeit Gottes sichtbar macht.
Eine jede Kerze erinnert uns an dieses Licht. Und deshalb gehören Kerzen seit je her zum fixen Bestandteil eines Gottesdienstes. In den Kirchen brennt beim Tabernakel das ewige Licht als Zeichen der Gegenwart Gottes mitten unter uns. Es sagt uns ganz einfach und verständlich: „Gott ist da.“
Und die Menschen zünden sehr gerne eine Opferkerze an, um vor Gott, der da ist, ihre Anliegen zum Leuchten zu bringen. Aus diesem Grund stellen wir auch Kerzen auf die Gräber als Symbol des Trostes und der Hoffnung auf das Ewige Leben. Das Licht einer Kerze leuchtet gerade dann, wenn uns die Worte fehlen.
Ich habe einmal ein Mitglied eines Kriseninterventionsteams gefragt, die Angehörige nach tragischen Todesfällen und schweren Unfällen betreuen, was er denn in einer solchen für die Menschen so traumatischen Situation tut. Er meinte: Eigentlich bin ich nur da, damit die Menschen nicht allein sind, und wenn möglich, zünde ich eine Kerze an. Irgendwelche tröstenden Worte helfen in einer solchen Situation ohnehin nichts.
Wenn wir also einmal nicht wissen, was wir beten sollen, wenn uns die Worte im Hals stecken bleiben, wenn sich unser Mund schwer tut, ein Gebet zu formulieren … dann brauchen wir eigentlich nur eine Kerze anzuzünden, diese Kerze betet für mich. Und Gott weiß ohnehin genau, wie es in unseren Herzen aussieht, was uns auf der Seele brennt, welche Sorgen, Nöte oder Zweifel uns bedrängen.
In einem Brief schrieb der heilige Franz von Sales einmal die hoffnungsvollen Worte an einen Menschen, der vor einer Marienstatue eine Kerze angezündet hat: „Alles wird gut gehen, dessen bin ich gewiss, und die hochheilige Jungfrau, Unsere liebe Frau, wird Ihre Kerzen brennend halten.“ (DASal 5,271)
Und er schließt mit dem Wunsch:
„Jesus Christus sei immerdar unser Tageslicht in der Ewigkeit und unsere brennende Kerze im gegenwärtigen Leben.“ (DASal 5,351)
Das Fest Darstellung des Herrn erinnert uns genau daran: Jesus Christus ist das Licht, das unser Leben und unsere Ewigkeit erhellt … die Kerze ist dafür das Symbol. Amen.
P. Herbert Winklehner OSFS