Predigt zum 3. Fastensonntag (Joh 4,5-15. 19b-26. 39a. 40-42)

Wasser des Lebens

Dass Wasser etwas höchst Wertvolles ist, braucht man eigentlich nicht extra zu betonen. Zwei beängstigende Nachrichten der letzten Zeit mögen uns daran erinnern: die indische Stadt Bangalore, einst „Stadt der Seen“ genannt, in der über acht Millionen Menschen leben, soll schon in zehn Jahren unbewohnbar sein, weil es dort dann aufgrund der Umweltverschmutzung kein trinkbares Wasser mehr geben wird. Ähnlich ergeht es der Hauptstadt von Mexico, in der zwanzig Millionen Menschen leben. Dort soll es in spätestens zwanzig Jahren so weit sein.

Solche Nachrichten machen deutlich: Ohne Wasser gibt es kein Leben. Wenn Forscher im Weltall nach Leben suchen, dann orientieren sie sich an Planeten, in denen es eventuell Wasser geben könnte.

Jesus Christus sagt uns im heutigen Evangelium, dass er das „lebendige Wasser“ ist: „Wer von diesem Wasser trinkt, das ich ihm geben werde, der wird niemals mehr Durst haben; vielmehr wird das Wasser, das ich ihm gebe, in ihm zur sprudelnden Quelle werden, deren Wasser ewiges Leben schenkt.“

Also: Jesus Christus, der Glaube an ihn, das Leben in seiner Nachfolge, bedeutet Leben – und zwar echtes, wahres, erfülltes Leben, Leben in Fülle. Jesus ist der Messias. Er ist für uns und unser Leben so notwendig, wie das Wasser. Ohne ihn werden wir verdursten und verdorren, ohne ihn gibt es kein Leben – so wie es ohne Wasser kein Leben gibt.

Genau das möchte uns Jesus durch sein Gespräch mit der Frau am Jakobsbrunnen deutlich machen. Wir hören diese Botschaft seit 2000 Jahren – und oft genug verhallt diese Botschaft genauso wie die Hinweise auf den Wert und die Bedeutung des Trinkwassers für unsere Welt.

Es wäre also eine gute Übung in der kommenden dritten Fastenwoche, sich die Bedeutung Jesu für mein persönliches Leben, für das Leben unserer Welt, ja das Leben an sich, für das ewige Leben wieder bewusst zu machen.

Glaube ich tatsächlich daran, dass Jesus für mich wie lebendiges Wasser ist? Dass ohne ihn meine Seele verdursten würde, austrocknen und verdorren, wie eine Pflanze, die ich nicht mehr gieße?

Der heilige Franz von Sales jedenfalls war von diesem Bild des lebendigen Wassers, mit dem Gott uns durch Jesus Christus nährt, begeistert. In seinem Buch „Abhandlung über die Gottesliebe“ oder „Theotimus“ schreibt er zum Beispiel:

„Es hat Gott gefallen, seine Liebe in die Seelen der Menschen nicht nur zu ergießen, sondern sie förmlich damit zu überschwemmen. Nicht nur eine strömende und freigebige Liebe war bei ihnen am Werk, sondern man muss wohl sagen, dass seine Liebe bei ihnen verschwenderisch und überflutend war“ (DASal 3,128).

Wir werden also mit dem lebendigen Wasser der Gottesliebe nicht nur begossen, sondern geradezu überschüttet. Es liegt jedoch an uns, dieses Geschenk auch anzunehmen und zu nutzen.

Und genau das ist die Frage an uns: Nehmen wir dieses Geschenk an? Nutzen wir es? Lassen wir uns jeden Tag von neuem in unserem Leben von diesem lebendigen Wasser, das Jesus uns anbietet, beschenken?

Die Frau am Jakobsbrunnen hat das jedenfalls begriffen: „Herr, gib mir dieses Wasser, damit ich keinen Durst mehr habe“. Und sie wurde sogar zur ersten Missionarin dieser überschäumenden Liebe Jesu, denn am Ende des Evangeliums heißt es: Viele Samariter kamen zum Glauben. Sie haben das reiche Geschenk der Gottesliebe angenommen und verstanden: Jesus ist der Retter der Welt – ohne ihn kein Leben. Amen.

P. Herbert Winklehner OSFS