Predigt zum 3. Fastensonntag (Joh 2,13-25)

Aufräumen

Jesus räumt auf … der Tempel, das Haus Gottes, das Zentrum des jüdischen Glaubens ist zu einer Markthalle verkommen. Es wird nicht mehr gebetet, sondern verkauft. Ziemlich radikal, ja brutal wirft Jesus alles hinaus, was nicht in den Tempel hineingehört: die Geldwechsler und Taubenhändler, die Schafe und die Rinder. Er tut es mit seiner ganzen Kraft und Existenz, denn der Eifer für das Haus Gottes verzehrt ihn. Er tut es ohne Rücksicht auf sein eigenes Leben, denn er weiß, dieser Protest bleibt nicht folgenlos. Er wird Konsequenzen haben.

Am Schluss dieser Erzählung von der Tempelreinigung Jesu steht dann der bedenkenswerte Satz: „Jesus wusste, was im Menschen war.“ Dieser Satz ist nämlich bedeutsam für uns heute. Jesus kennt uns, er weiß, wie es in uns aussieht. Und so wird diese Tempelreinigung Jesu eigentlich auch zu einer Anfrage an jede und jeden von uns: Wie sieht es eigentlich in dir aus? In deinem Haus? In deiner Seele? In deinem Herzen?

Wir glauben ja daran, dass wir in der Gegenwart Gottes leben. Gott ist da, es gibt keinen Ort, an dem er nicht gegenwärtig wäre – außer, ich will nichts mit ihm zu tun haben. Der Apostel Paulus beschreibt jeden, der auf Christus getauft ist, als „Tempel des Heiligen Geistes“ (1 Kor 6,19) – und weist damit darauf hin, dass Gott uns ganz nahe sein will, ja in uns wohnen möchte, so wie er in jedem Tempel, in jeder Kirche, in jedem Tabernakel wohnt. Eine jede Christin, ein jeder Christ ist ein Tabernakel Gottes. Und wie sieht es nun in uns aus? Ist aufgeräumt? Oder ist aus uns eine Markthalle geworden, in der eine ordentliche Aufräumaktion notwendig ist.

Der heilige Franz von Sales macht uns dabei darauf aufmerksam, dass wir im Blick auf unser Leben durchaus sensibel sein sollten. Denn nicht die Wölfe und Bären sind das Problem, sondern die Mücken. Also nicht die großen Fehler und Sünden machen uns die meiste Arbeit, sondern die kleinen, nicht der Sperr- oder Sondermüll, der entsorgt gehört, sondern der Staub, der sich täglich in uns ansammelt. Wörtlich meint Franz von Sales:

„Wölfe und Bären sind gewiss gefährlicher als Mücken, sie plagen, ärgern und reizen uns aber bestimmt nicht so zur Ungeduld. Es ist nicht schwer, sich eines Mordes zu enthalten, wohl aber, alle kleinen Zornausbrüche zu unterdrücken, wozu fast jeden Augenblick Gelegenheit ist. … Es ist leicht, keinen Meineid zu schwören, aber schwer, in Gesellschaft immer ganz bei der Wahrheit zu bleiben; mit einem Wort: diese kleinen Versuchungen zu Zorn, Argwohn, Eifersucht, Neid, … Eitelkeit, Doppelzüngigkeit …, unanständigen Gedanken, das sind die ständigen Plagen auch solcher Menschen, die am meisten zum frommen Leben entschlossen sind.“ (DASal 1,222).

Die österliche Bußzeit lädt uns zum Frühjahrsputz ein, in unseren Wohnungen, aber vor allem in unserem Inneren, in unserer Seele, in unserem Herzen, damit sich Gott darin wohlfühlen kann. Und wenn sich Gott in mir wohlfühlt, dann geht es auch mir selbst viel besser. Ein Mittel, das mir die Kirche dazu anbietet, ist das Sakrament der Versöhnung, also die Beichte. Auch dazu sind wir gerade in der österlichen Bußzeit eingeladen, damit wir mit aufgeräumten Herzen das Osterfest feiern können.

Denken wir also darüber nach, ob wir uns nicht doch wieder einmal mit diesem Sakrament beschenken lassen sollten. Amen.

P. Herbert Winklehner OSFS