Predigt zum 27. Sonntag im Jahreskreis (Mk 10,2-16)
Sakrament – Heiliges Zeichen
Keine Angst, ich werde jetzt keine Ratschläge darüber erteilen, wie man eine Ehe leben soll, damit sie gelingt. Dazu fehlt mir eindeutig die praktische Erfahrung. Ich möchte uns alle vielmehr wieder einmal daran erinnern, was in unserem Glauben ein Sakrament ist.
Im heutigen Evangelium geht es ja nicht nur um das Thema Ehe mit dem berühmten Satz – „Was Gott verbunden hat, das darf der Mensch nicht trennen“ –, es geht auch um die Kinder und die Aussage: „Lasst die Kinder zu mir kommen, hindert sie nicht daran, denn solchen wie ihnen gehört das Reich Gottes.“
Beide Aussagen spiegeln den großen Wert wider, den sowohl Eheleute als auch Kinder in den Augen Jesu haben. Und deshalb ist sowohl die Ehe als auch die Taufe in der katholischen Kirche nicht irgendein traditionelles Stück Folklore, das eben dazu gehört, sondern ein Sakrament – das heißt, ein heiliges Zeichen der Anwesenheit Gottes in dieser Welt, also ein sichtbarer und spürbarer Beweis für die Existenz Gottes mitten unter uns.
Ich weiß gar nicht, ob uns das überhaupt bewusst ist. Bei manchen Hochzeiten oder Taufen habe ich eher den Eindruck, dass das Wichtigste der äußere Rahmen ist, die Musik, die Dekoration, das Ambiente. Natürlich ist das für ein schönes Fest wichtig und gut, das Wesentliche aber darf dabei nicht zur Nebensache werden: nämlich Gott und der Glaube daran, dass er Teil unseres Lebens ist, dass er in unserem Leben eine Rolle spielen will, damit unser Leben gelingt, und dass wir durch unser Leben Gott in dieser Welt erfahrbar und spürbar werden lassen.
Daher ist es nicht egal, wie ich mein Leben gestalte. Als Sakrament, als heiliges Zeichen bin ich dazu aufgerufen, mit Gott eine persönliche Beziehung zu pflegen, ihn also nicht links liegen zu lassen, sondern in die Mitte meines Lebens aufzunehmen, mich mit ihm zu beschäftigen, mit ihm zu kommunizieren, ihn zu suchen, mir seine Gegenwart immer wieder bewusst zu machen, ihm Raum zu bieten in meinem Leben, nicht, weil das Gott gut tut, sondern mir, weil ich mich dadurch von ihm aufgehoben und getragen fühlen kann und darf, vor allem in den schwierigen Zeiten des Lebens.
Bei der Hochzeit wird dem Brautpaar, das sich gerade das Eheversprechen gegeben und die Ringe angesteckt hat, die Stola wie ein Band um die Hände gewickelt als Bestätigung Gottes für diese Ehe. Diese Stola ist das Zeichen dafür, dass Gott im Leben dieser beiden Menschen wesentlich dabei ist. Er ist das Band, das diese Liebe zusammenhält.
Und bei der Taufe wird uns das Taufkleid überreicht, das Zeichen dafür, dass wir mit der Taufe Jesus Christus selbst angezogen haben, eine einzigartige Würde, die nicht nur deutlich macht, wie wichtig wir für Gott sind. Diese Würde soll uns ein Leben lang bewusst sein, wir sollen sie für unser Leben bewahren und niemals darauf vergessen.
„Durch die heiligen Sakramente“ so schreibt der heilige Franz von Sales, „steigt Gott in seiner Güte zu uns herab, durch das Gebet zieht er uns zu sich empor“ (DASal 1,27). Die Sakramente teilen uns die Gottesliebe mit und helfen uns, uns mit Gott auf einzigartige Weise zu verbinden.
Vielleicht verstehen wir nun das heutige Evangelium etwas besser und warum es Jesus so wichtig ist, dass wir den Wert der Ehe und der Taufe, aber auch aller anderen Sakrament erkennen und achtsam damit umgehen. Amen.
P. Herbert Winklehner OSFS