Predigt zum 20. Sonntag im Jahreskreis (Mt 15,21-28)

Jesus ist kein Automat

Ja, das wäre manchmal wirklich schön. Ich habe ein besonderes Anliegen, ich gehe in die Kirche, zünde eine Kerze an, gebe meine Spende in den Opferstock … und Jesus hilft.

Für viele Menschen, nicht nur für die Christinnen und Christen, besteht darin der Sinn von Religion: Ich brauche einen Gott, der jene Probleme löst, die ich nicht lösen kann, der jene Wünsche erfüllt, die ich nicht erfüllen kann.

Und manchmal funktioniert das ja auch tatsächlich. Dann sprechen wir von einem Wunder und wir sind glücklich und zufrieden. Gott hilft, er ist ein starker Gott, ein liebender Gott, ihm kann ich vertrauen. Es gibt ihn wirklich.

Das Gegenteil gibt es aber auch, und gar nicht selten. Ich flehe, bete, bitte, bin bereit, alles Mögliche zu tun, gelobe Großes, spende für einen guten Zweck … aber Gott hilft trotzdem nicht. Das Problem bleibt, der Wunsch wird nicht erfüllt. Und schon wird Gott aus meinem Leben gestrichen. Er hat nicht geholfen, daher gibt es in nicht. Ein Gott, der das zulassen kann, den kann es nicht geben. Die Atheisten haben völlig recht: Gott ist tot.

Das heutige Evangelium berichtet uns von der kanaanäischen Frau, deren Tochter von einem Dämon gequält wird. In ihrer Verzweiflung wendet sie sich an Jesus, von dem sie gehört hat, dass er ein Heiler ist und Wunder wirken kann. Sie geht auf ihn zu und bittet inständig: „Herr, du Sohn Davids, hab Erbarmen mit mir.“ Sie schreit sogar so andauernd hinter ihm her, dass es die Jünger nicht mehr aushalten und Jesus bitten, sie fortzuschicken.

Die Reaktion Jesu ist verblüffend: Diese Frau geht mich nichts an. Ich bin nur zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel gesandt. Damit war nicht zu rechnen. Der gute, barmherzige, liebende Jesus, der mit Sündern isst und sogar Ehebrecher und Prostituierte beschützt, weigert sich, dieser Frau zu helfen, weil sie nicht zum Haus Israel gehört. Er sagt ihr das auch ziemlich deutlich und unverblümt: „Es ist nicht recht, das Brot den Kindern wegzunehmen und den kleinen Hunden vorzuwerfen.“ Das ist nicht nur eine Abweisung, das ist sogar eine Beleidigung, ja Diskriminierung. In dieser Situation hätte wahrscheinlich ein jeder und eine jede verstanden, wenn diese Frau zur Atheistin geworden wäre: Gott ist tot. Wenn Gott so handelt, dann kann es ihn nicht geben.

Die Kanaaniterin tut aber genau das nicht. Ganz im Gegenteil: Sie gibt Jesus sogar recht: Ja, es stimmt, was du sagst … aber selbst die Hunde bekommen die Brotkrumen, die vom Tisch herunterfallen.

Jesus ist kein Automat. Er ist es bis heute nicht. Es läuft nicht so, dass ich in diesen Automaten einfach meine Bitte hineinwerfe und dann spuckt er das von mir Gewünschte aus. Wäre das tatsächlich der Fall, dann hätten die Atheisten wirklich gewonnen, denn wir glauben tatsächlich nicht an einen Automatengott. Wer das tut, der macht sich nämlich selbst groß und Gott klein. Der sagt: Ich bin es, der zu bestimmen hat, wie Gott sein muss – er hat genau das zu tun, was ich ihm sage, ansonsten kann er mir gestohlen bleiben.

Die kanaanäische Frau reagiert richtig. Sie anerkennt die Größe Gottes, seine Unbegreiflichkeit: „Ja, Herr“, sagt sie, „du hast recht“. Und daher sagt Jesus dann auch: „Frau, dein Glaube ist groß. Es soll dir geschehen, wie du willst.“

Die Haltung der Demut ist es, die den Glauben der Kanaaniterin groß macht. So sieht es auch der heilige Franz von Sales und daher empfiehlt er in einem Brief: „Demütigen Sie sich in aller Ruhe und erwecken Sie oft einen Akt der Liebe zu Ihrer Selbsterniedrigung. Bleiben Sie ein wenig in der Haltung dieser kanaanäischen Frau: „Ja Herr, ich bin nicht würdig“ (Mt 8,8), das Brot der Kinder zu essen; ich bin wirklich wie ein Hündlein, das den Nächsten durch ungeduldige Worte sinnlos anbellt und beißt; „aber wenn die Hündlein schon nicht das Brot essen dürfen, so haben sie doch die Brosamen vom Tische ihrer Herren“ (Mt 15,26.27). So bitte ich Dich, o mein gütiger Meister“ (DASal 6,128).

Was lernen wir daraus? Lassen wir Gott immer seine Größe. Wir müssen sein Handeln nicht immer verstehen, aber wir sollen immer darauf vertrauen, dass sein Wille Ausdruck sein Liebe ist. Gott ist nicht tot … im Gegenteil: er ist total lieb. Amen.

P. Herbert Winklehner OSFS