Predigt zum 17. Sonntag im Jahreskreis (Mt 13,44-46)

Schatz und Perle

Das eben gehörte Doppelgleichnis vom Schatz und von der Perle lädt uns dazu ein, einmal darüber nachzudenken, wer in meinem Leben mein Schatz und meine Perle ist.

Dieses Gleichnis wird sehr gerne als Hochzeitsevangelium genommen, manchmal mit dem Zusatz des Jesus-Wortes: „Wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz“. Und es gibt dazu auch ein entsprechendes Lied mit dem Titel „Das Beste“ von der Gruppe Silbermond, wo es heißt:

„Ich habe einen Schatz gefunden und er trägt deinen Namen. So wunderschön und wertvoll, mit keinem Geld der Welt zu bezahlen.“

Und wenn dann der Refrain gesungen wird, dann kennt die Romantik gar keine Grenzen mehr und die Tränen des Glücks beginnen zu fließen:

„Du bist das Beste, was mir je passiert ist. Es tut so gut, wie du mich liebst. Vergess den Rest der Welt, wenn du bei mir bist. … Ich sag‘s dir viel zu selten: es ist schön, dass es dich gibt“.

Wir sind also heute eingeladen, darüber nachzudenken, wer oder was unsere Schätze und Perlen sind:

Sind es der Ehemann, die Ehefrau? Die Eltern? Vater, Mutter? Die Kinder? Die Familie? Freundinnen oder Freunde? Arbeitskolleginnen oder Kollegen?

Ist es meine Gesundheit? Mein Körper? Meine Seele? Meine Intelligenz? Meine Arbeitsstelle? Mein Hobby? Mein Urlaub?

Ist es mein Haus? Mein Besitz? Mein Auto? Mein Fernseher? Mein Computer?

Der Schatz und die Perle, von denen Jesus spricht, sind für ihn Symbole des Himmelreichs. Sie lenken also die Frage noch in eine weitere Richtung: Ist mein Schatz mein Glaube? Gott? Jesus Christus? Seine Botschaft? Das Gebet? Der Himmel, das Ewige Leben?

Wie kann ich herausfinden, ob etwas oder jemand mein Schatz und meine Perle ist? Eine recht gute Methode dafür ist die Uhr. Normalerweise verbringe ich nämlich jene Zeit, die mir frei zur Verfügung steht, am liebsten mit meinen Schätzen und Perlen.

Wofür habe ich also Zeit, wenn ich keine Zeit habe? – Die Antwort auf diese Frage trifft meistens haargenau meinen Schatz oder meine Perle … die mir so wertvoll ist, dass ich dafür alles verkaufen würde, damit ich diese haben kann.

Wofür habe ich Zeit, wofür nehme ich mir Zeit? Das bedeutet: Was ist mir wichtig? Wertvoll? Wesentlich?

Wenn der heilige Franz von Sales von Schätzen und Perlen schreibt, dann meint er damit fast ausschließlich göttliche Dinge, zum Beispiel die göttlichen Tugenden Glaube, Hoffnung und natürlich die Liebe. Darauf sollten wir ganz besonders Acht geben. So schreibt er in seiner „Abhandlung über die Gottesliebe“:

„Die Perlen werden nach der Meinung alter Naturforscher nicht nur im Tau geboren, sondern auch durch ihn genährt. Deshalb öffnet die Perlmutter ihre Schalen gegen den Himmel, gleichsam als wollte sie von dort Tautropfen erbetteln, die die Luft eines kühlen Morgens herabzuträufeln pflegt. So sollen auch wir, die wir von der göttlichen Güte Glaube, Hoffnung und Liebe empfangen haben, unsere Herzen dorthin wenden und geöffnet halten.“ (DASal 3,165) Und in einem Brief schreibt er über die „göttliche Liebe“: „Das kleinste Körnchen dieses Schatzes [der göttlichen Liebe] gilt mehr als alles auf der Welt.“ (DASal 6,211)

Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem Schatz im Acker und einer sehr wertvollen Perle – sagt Jesus. Heute an diesem Sonntag könnten wir einmal über all das nachdenken, und vielleicht kommen wir dann drauf, dass manche unserer Schätze zu viel Zeit in Anspruch nehmen, und wir manche Perlen etwas vernachlässigt haben. Und dann könnten wir ja einmal damit beginnen, unser Zeitbudget etwas umzuschichten – und vor allem könnten wir wieder einmal die Chance ergreifen, unseren Schätzen und Perlen zu sagen: Es ist schön, dass es dich gibt. Amen.

P. Herbert Winklehner OSFS