Predigt zu Allerseelen (Jes 25,6a.7–9; Phil 3,20–21; Lk 7,11–17)

Welche Farbe hat der Tod?

„Welche Farbe hat der Tod?“ So lautet der Titel eines Buches des bayrischen Klinikseelsorgers Christof Kreitmeir, in dem er über seine Erfahrungen mit Sterben und Tod berichtet.

Das Fest Allerseelen stellt diese Frage ebenso: Welche Farbe hat für dich der Tod? Wie erlebst du ihn, wie gehst du mit ihm um, wenn du ihm begegnest, wenn andere sterben, wenn es um deinen eigenen Tod geht?

Normalerweise tragen wir schwarz, wenn wir mit dem Tod konfrontiert sind – aber ist das die angemessene Farbe? Ich erlebe bei Beerdigungen auch schon einmal, dass auf der Parte steht: Bitte nicht in schwarzer Kleidung kommen, wir wollen ein Fest des Lebens feiern. Die Blumen am Grab leuchten außerdem in allen möglichen Schattierungen: weiß, rot, blau, grün, orange … und die Bibeltexte, die wir heute gehört haben, lassen uns eigentlich ebenfalls an andere Farben denken: Der Prophet Jesaja spricht von einem Festmahl für alle Völker und „wir wollen jubeln und uns freuen“, denn Gott, der Herr, ist unser Retter. Er hat den Tod für immer verschlungen.

Und der Apostel Paulus spricht vom Himmel als unsere Heimat, wo unser armseliger Leib verwandelt wird … da kann ich auch kein Schwarz erkennen.

Und das Evangelium berichtet davon, dass bei Jesus Christus der Tod keine Macht hat: „Steh auf!“, so können wir daraus schließen, „Steh auf!“ wird Jesus einmal auch zu uns sagen.

Für den heiligen Franz von Sales ist der Tod ebenfalls nicht schwarz. Für ihn ist er der natürliche und damit notwendige Übergang in die Herrlichkeit des Himmels, der „Hafen der Glückseligkeit“, wo wir unser Ziel, auf das wir ein Leben lang hingelebt haben, erreichen, nämlich die Vollendung in der immerwährenden Gegenwart des liebenden Gottes. Ich sehe bei dieser Aussage sehr viel Wärme und sehr viel Licht.

Hinter mir hängt das berühmte Glanzinger Altarkreuz der Grazer Bildhauerin Luise Heinzel, über dessen Darstellung und Bedeutung immer wieder einmal diskutiert wird, vor allem, wenn man es zum ersten Mal sieht. Dieses Kreuz entstand aufgrund einer starken, persönlichen Gotteserfahrung der Künstlerin, die ebenfalls mit dem Tod zu tun hat. Dieses Kreuz, so wie es dargestellt ist, steht im Zeichen der Überwindung des Todes. Aus dem dunklen Grau des Kreuzes strahlt das goldene Kreuz hervor, das Zeichen des Lichtes göttlichen Lebens. Der zerbrochen menschliche Leib Jesu Christi befindet sich bereits in der Verwandlung hin zum verklärten Leib des Auferstandenen. Es geht also um die Zerbrechlichkeit des Lebens, aber das ist nicht das Ende. Das Gold der Verklärung wird trotz aller Vergänglichkeit siegen.

Welche Farbe hat der Tod? Wir wollen uns jetzt an unsere Verstorbenen erinnern, vor allem an jene, die im letzten Jahr aus unserer Teilgemeinde zu Grabe getragen wurden. Erinnern wir uns nicht mit der Farbe Schwarz an sie, sondern mit all jenen Farben, die wir mit ihren Leben verbinden, und mit jenen Farben, die sie jetzt in der Vollendung genießen dürfen. Amen.

P. Herbert Winklehner OSFS