Predigt zum Fronleichnamsfest (Joh 6,51-58)

Brot des Lebens

Eine kleine Geschichte zum Nachdenken: Der Pfarrer ist auf Urlaub, er wird von einem Priester aus Afrika vertreten. Als er die Kommunion spenden will und zum Tabernakel geht, ist dieser bis auf ganz wenige Hostien leer. Der afrikanische Priester dreht sich zur Gemeinde und sagt: „Uns in Afrika fehlt das Brot der Erde, bei Euch fehlt das Brot des Himmels.“

Vielleicht noch eine zweite Geschichte, nämlich die berühmte Antwort der heiligen Mutter Teresa von Kalkutta, auf die Frage eines Journalisten, wie sie und ihre Mitschwestern es nur schaffen, sich jeden Tag für die Ärmsten der Armen einzusetzen. Mutter Teresa antwortete: „Um für ein solches Leben fähig zu sein, muss jede Schwester ein Leben führen, das von der Eucharistie durchdrungen ist.“ Deshalb beginnen sie jeden Tag mit der Heiligen Messe und beenden den Tag mit einer Anbetung. „Ohne diese tiefe Einheit mit Christus wäre das, was wir tun nicht möglich.“

Das sind zwei Beispiele, die uns deutlich machen, warum wir das Fronleichnamsfest feiern. Dieses Fest erinnert uns jedes Jahr an den hohen Wert der Eucharistie für unseren Glauben und unser Leben.

Im Evangelium, das wir soeben hörten, bringt Jesus das ebenfalls sehr klar zum Ausdruck: „Ich bin das lebendige Brot“, sagt er. „Wer von diesem Brot isst, wird in Ewigkeit leben.“ Und das sagt Jesus gleich dreimal hintereinander: „Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, der bleibt in mir und ich bleibe in ihm … so wird jeder, der mich isst, durch mich leben.“

Diese Worte waren für die ersten Christinnen und Christen so wesentlich, dass das „Brotbrechen“ zum charakteristischen Erkennungsmerkmal wurde, das sie von allen anderen unterschied. Und das führte dann auch zu heftigsten Anschuldigungen, schon bei Jesus selbst, wie wir heute ebenfalls hörten: „Wie kann er uns sein Fleisch zu essen geben?“ … Später beschuldigte man die Christinnen und Christen immer wieder, Menschenfresser zu sein und Blutorgien zu feiern.

Der heilige Franz von Sales erklärte dazu einmal in einer Predigt: Der Empfang des Leibes und Blutes Jesu im Sakrament der Eucharistie „schien [denen, die es hörten,] wahrhaftig sehr roh, barbarisch und ungehörig. Wem sträubten sich nicht die Haare vor Entsetzen und wer würde nicht erschaudern, wenn er einen menschlichen Leib essen und das Blut eines Menschen trinken müsste? … Was Wunder also, wenn diese armen Leute so erstaunt waren, als sie hörten, dass Unser Herr sein Fleisch und sein Blut als Speise und Trank geben wollte“ (DASal 9,80).

Heute ist es eher umgekehrt. Der heilige Leib des Herrn, die Eucharistie, die Kommunion wird eher belächelt, als kritisiert … die unscheinbare Hostie immer weniger als das Heiligste und Wertvollste wahrgenommen, das wir Christinnen und Christen anzubieten haben, nämlich Jesus Christus selbst: „Wer die hochheilige Kommunion empfängt“, so sagt Franz von Sales, „nimmt den lebenden Jesus Christus in sich auf“ (DASal 7,201).

Ist uns das überhaupt noch bewusst?

Das Fronleichnamsfest ist jedenfalls neben dem Gründonnerstag jenes Fest im Jahr, das uns diesen einzigartigen und hohen Stellenwert der Eucharistie nahebringen möchte. Es ruft uns dazu auf, darüber nachzudenken, wie ich die Kommunion empfange und welchen Stellenwert die Heilige Messe für mich persönlich hat.

Dazu sind wir heute eingeladen: Fehlt mir dieses Brot des Lebens? Glaube ich daran, dass ich durch nichts Gott näher bin als beim Kommunionempfang? Glaube ich an die Wort Jesu: „Wer dieses Brot ist, wird leben in Ewigkeit“? Amen.

P. Herbert Winklehner OSFS