Predigt zum Fest Christi Himmelfahrt (Mt 28,16-20)

Grundlegende Botschaften

Das, was wir soeben zum Evangelium hörten, ist der Schluss des Matthäusevangeliums. Dieser Abschnitt fasst im Grunde alles noch einmal zusammen, worauf es dem Evangelisten schließlich und endlich ankommt.

Die ganze Szene findet außerdem auf einem Berg statt. Das heißt, es geschieht jetzt wirklich Wesentliches. In der Bibel ist der Berg immer ein bevorzugter Ort der Gottesoffenbarung: Sinai, Horeb, Tabor, Ölberg, Golgotha oder die Bergpredigt … und jetzt eben ein Berg in Galiläa. Der Auferstandene Jesus Christus zeigt sich damit seinen Jüngern als jemand, der Gott ganz nahe ist. Und das wird dann auch mit zwei Aussagen Jesu betont:

Zunächst sagt Jesus: „Mir ist alle Macht gegeben im Himmel und auf Erden“. Das bedeutet: Ich bin der Allmächtige. Jesus stellt damit die Einheit her zwischen ihm und dem allmächtigen Gott. „Ich und der Vater sind eins“.

Das macht auch die zweite Aussage Jesu deutlich: „Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt“ … Dieses Wort ist nichts anderes als das, was Mose am brennenden Dornbusch von Gott selbst hörte: Ich bin Jahwe – das heißt, Ich bin der Ich bin da.

Den Jüngern soll also auf diesem Berg in Galiläa noch einmal ganz deutlich werden: Jesus Christus ist der Allmächtige Gott, Jahwe, der Ich bin da in alle Ewigkeit. Oder wie Franz von Sales schreibt: Das „ewige Wort“, also Jesus, ist „mit dem Vater und dem Heiligen Geist ein alleiniger Gott, höchst einzig, höchst anbetungswürdig und gepriesen von Ewigkeit zu Ewigkeit“ (DASal 3,187).

Dass einige daran zweifeln, das wird am Ende dieses Evangeliums ebenfalls noch einmal angesprochen. Es ist eben wirklich nicht einfach, all das zu glauben, was sich in jenen drei Jahren des öffentlichen Wirkens Jesu ereignete: die Wunder, die Botschaften, dieser Vollmachtsanspruch Jesu, der tut, was nur Gott tun darf – wie etwa Sünden vergeben oder am Sabbat heilen –, schließlich die Kreuzigung und die Auferstehung. Das Gute daran: Jesus geht auf die Zweifler zu – er verurteilt sie nicht, sondern nimmt sie ernst, so wie den Apostel Thomas, so wie Petrus, so wie die Emmausjünger, so wie Maria Magdalena, die sich allesamt fragen, wie soll es nun mit uns weitergehen?

Und auch dafür hat Jesus Christus eine Botschaft: „Geht hinaus in die ganze Welt, macht alle Völker zu meinen Jüngerinnen und Jüngern, tauft sie auf den Namen des dreifaltigen Gottes, den ich euch gezeigt habe: der Vater, der Sohn und der Heilige Geist. Und lehrt alle Menschen jene Gebote zu halten, die ich euch verkündete: das Gebot der Gottesliebe und der Nächstenliebe als die Erfüllung aller Gesetze und Propheten. Meine Botschaft gilt ab jetzt nicht nur euch, so sagt Jesus, auch nicht nur dem Volk Israel, sie gilt nun für die ganze Welt.

All das versucht Kirche, also die Gemeinschaft der von Christus Gerufenen, seither zu verwirklichen, natürlich nicht immer mit den richtigen Methoden und auf die jesuanische Art und Weise.

Gerade was den Machtanspruch betrifft, sind in der Kirche bis heute immer wieder Katastrophen passiert. Man braucht ja nur die Klassiker der Kirchenkritik zu nennen: Kreuzzüge, Hexenverbrennungen, Inquisition, Zwangsmissionierung bis hin zu den Missbrauchsskandalen von heute. Kirchengeschichte war und ist in den letzten 2000 Jahren leider sehr oft auch Kriminalgeschichte und zeigt uns allen jeden Tag, dass wir das, was in den Evangelien geschrieben steht, niemals aus den Augen verlieren dürfen.

Geht hinaus in die ganze Welt und lehrt alle, das zu befolgen, was ich euch geboten habe, ist keine Aufforderung zur Gehirnwäsche oder Zwangstaufe, sondern immer die Aufforderung, so zu handeln wie Jesus selbst, der bereit war, sich kreuzigen zu lassen, damit wir leben können, der sagte: Der größte von euch, der sei der Diener aller.

Das Fest Christi Himmelfahrt bildet im Kirchenjahr immer eine Zäsur zum Nachdenken: Wie sind wir mit dem Auftrag Jesu umgegangen? Was haben wir vergessen? Was war gut, was ist falsch gelaufen? In zehn Tagen ist das Pfingstfest, an diesem Tag startete die Kirche vor 2000 Jahren, den Auftrag Jesu in die Tat umzusetzen … dieser gilt immer noch: „Geht hinaus in die ganze Welt … lehrt alle Völker … und seid gewiss, ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt“. Der heilige Franz von Sales empfiehlt uns: „Blicke auf zu Jesus; verleugne ihn nicht aus Furcht vor der Welt!“ (DASal 1,262).“ Amen.

P. Herbert Winklehner OSFS