Predigt zum 3. Adventsonntag (Lk 3,10-18)
Erwartung
Wenn in gut einer Woche Papst Franziskus am Heiligen Abend vor der Feier der Christmette das Heilige Jahr 2025 eröffnen wird, dann wird dabei die Hoffnung im Mittelpunkt stehen. „Pilger der Hoffnung“, so lautet nämlich das Motto, das sich der Papst für dieses Heilige Jahr gewählt hat. In seinem Schreiben, in dem er dieses Heilige Jahr ankündigt, heißt es:
„Alle hoffen. Im Herzen eines jeden Menschen lebt die Hoffnung als Wunsch und Erwartung des Guten, auch wenn er nicht weiß, was das Morgen bringen wird.“
Das ist richtig: Wir wissen trotz all unserer Planungen und Terminkalender nie genau, was morgen sein wird. Die Erfahrung zeigt, dass sich das Leben sehr schnell, manchmal sogar von einer Sekunde auf die andere völlig verändern kann. Alle Pläne, die wir uns so ausgedacht haben, werden über den Haufen geworfen. Plötzlich ist nichts mehr so, wie es einmal war. Die tägliche Routine muss an neue Lebensverhältnisse angepasst werden. Das kann durch eine plötzlich auftretende Krankheit geschehen, durch einen Unfall, einen Todesfall, durch gesellschaftliche oder politische Ereignisse, in der Familie, am Arbeitsplatz, im Freundeskreis. Das müssen nicht immer negative Dinge sein, auch positive Überraschungen, etwa die Geburt eines Kindes, können mein Leben auf den Kopf stellen.
Das heutige Evangelium macht uns jedenfalls deutlich, dass wir Christinnen und Christen zutiefst hoffende Menschen sind. Das zeigt uns die Zeit des Advents, das sagt uns Johannes der Täufer: „Das Volk war voller Erwartung.“ Dieser Rufer in der Wüste weist mit seinem ganzen Wesen darauf hin, dass er auf das Kommen Gottes hofft und dieses Kommen das Leben von Grund auf verändern wird. So geschah es damals in der Wüste am Jordan, so geschieht es heute immer noch. Jesus Christus hat mit seiner Menschwerdung und seiner frohen, hoffnungsvollen Botschaft der Welt eine völlig neue Richtung gegeben und er tut es auch jetzt, und zwar durch jene Menschen, die ihm nachfolgen, also durch uns.
„Deshalb müssen wir“, so meint der heilige Franz von Sales, „unsere ganze Hoffnung auf Gott setzen. Er wird das Werk unserer Heiligung, das er begonnen, auch vollenden, vorausgesetzt, dass wir seinem Gnadenwirken gegenüber nicht versagen“ (DASal 3,175).
Franz von Sales bringt dafür das schöne Bild der Muschel, die ihre Schale zum Himmel hin öffnet, damit durch den himmlischen Tau in ihrem Inneren die schönsten Perlen entstehen und wachsen können (vgl. DASal 3,165).
Genau dazu ermutigt uns auch Johannes der Täufer: Öffnet euch für das Kommen Gottes. Setzt eure ganze Hoffnung auf ihn. Er ist viel größer als ich, er wird euch mit dem Feuer und dem Heiligen Geist taufen.
Wir haben heute schon die dritte Kerze am Adventkranz entzündet. Es dauert also nicht mehr lange bis zum Weihnachtsfest. Nutzen wir diese Zeit, unsere Hoffnung auf Gott wieder zu stärken, so wie es auch der Wunsch von Papst Franziskus für das Heilige Jahr 2025 ist:
„Möge die Kraft der Hoffnung unsere Gegenwart erfüllen, während wir zuversichtlich auf die Wiederkunft unseres Herrn Jesus Christus warten, dem jetzt und in aller Zukunft Lob und Herrlichkeit gebührt.“ Amen.
P. Herbert Winklehner OSFS