Predigt zum 14. Sonntag im Jahreskreis (Mt 11,25-30)

Wie die Kinder …

„Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde“, betet Jesus, „weil du das vor den Weisen und Klugen verborgen und es den Unmündigen aber offenbart hast.“ Für die Weisen und Klugen ist dieser Satz eigentlich ein ordentlicher Seitenhieb. Eure Klugheit nützt euch nichts! Durch das Wissen, das ihr euch im Laufe der Zeit angehäuft habt, habt ihr keinen Gewinn. Werdet lieber wie die Kinder, die Unmündigen, denn ihnen zeigt sich Gott, wie er ist.

Ich lese immer wieder gerne in Büchern mit Gebeten und Briefen, die Kinder an Gott richten. Es ist wirklich erstaunlich, welcher Glaube hier aus dem Mund von Kindern zum Vorschein kommt – einfach und gut.

Eine Martha betet da zum Beispiel: „Lieber Gott, ich danke dir, dass meine Mama so gute Spagetti macht und ich danke dir, dass mein Bruder keine Spagetti isst,“ denn, so die Logik von Martha, „ich bin Martha, die ohne Spagetti nicht leben kann.“

Oder Alexander schreibt an Gott: „Hallo, lieber Gott. Bitte lass mich Hundert werden! Bitte mach mich nicht arm! Lass meine Mutti lange leben! Bitte beschütze mich. Ich wünsche dir ein schönes Wochenende. Bussi, Bussi – Alexander!“

Und Michael hat in seinem Gebet an Gott eine ganz wichtige Frage: „Lieber Gott, ich würde gerne wissen, was du den ganzen Tag machst!“

Andere Kinder stellen an Gott andere Fragen: „Lieber Gott, warum bist du so gescheit?“ Oder: „Warum glauben andere Menschen nicht an dich?“ Oder: „Warum trennen sich die Menschen von einander nur wegen einer Kleinigkeit, obwohl sie ein schönes Leben haben könnten? Warum haben die Menschen Schimpfwörter erfunden? Warum können Menschen so grausam sein?“ Oder eine wichtige Frage von Udo: „Lieber Gott, ich bin in Religion der Beste – Freut dich das?“

Und schließlich eine Liebeserklärung an Gott von der Claudia: „Lieber Gott, wenn du mich gernhast, schreib ich dir jedes Mal. Gott, ich sag dir jetzt was: Ich hab dich sehr gern. Ich will dir Blumen schenken. Lieber Gott, ich schreib dir wieder einen Brief. Deine Claudia!“

„Ich preise dich, Herr, des Himmels und der Erde, weil du all das … den Unmündigen offenbart hast.“ Diese Kindergebete machen deutlich, dass Glaube nicht kompliziert, sondern ganz einfach ist. Ich muss nur das Herz sprechen lassen und nicht über jedes Wort, das ich an Gott richte, nachgrübeln, ob das jetzt so geht, ob man das sagen kann, ob das auch richtig ist.

Für den heiligen Franz von Sales, der sehr oft die Gottesbeziehung mit der Beziehung eines Kindes mit der Mutter oder dem Vater vergleicht, hätte seine helle Freude daran, wenn er Kinder so beten hörte. „Jene“, so sagte er einmal in einer Predigt, „die im Gebet vollkommen sind, [verhalten sich] Gott gegenüber wie Kinder gegen den Vater, dem sie volles Vertrauen schenken.“ (DASal 4,329)

Darum geht es: Gott volles Vertrauen schenken. Nicht so sehr darauf achten, was könnte jetzt wieder falsch sein, sondern einfach das Herz sprechen lassen.

In der Philothea schreibt er: „Stütze dich … völlig auf die Vorsehung Gottes; … wenn du dein ganzes Vertrauen auf Gott gesetzt hast, wirst du den besten Erfolg haben… Mache es wie die kleinen Kinder: Mit der einen Hand halten sie sich am Vater fest, mit der anderen pflücken sie Erdbeeren und Brombeeren am Wegrain.“ (DASal 1,135)

Wer das kann, wer sich dieses Kindsein vor Gott bewahrt, der wird dann auch das erleben, was Jesus uns heute im Evangelium ebenso mitgeteilt hat: „Kommt alle zu mir, die ihr mühselig und beladen seid! Ich will euch erquicken.“ Wer – wie ein Kind – mit seinem Herzen bei Gott sein kann, der wird bei Gott Ruhe finden für die Seele. Amen.

P. Herbert Winklehner OSFS