Predigt zum 1. Fastensonntag (Lk 4,1-13)
Wüstenzeit
Zeiten der Wüste gehören zum Leben. Das war bei Jesus so, oder auch bei Abraham, dem heimatlosen Aramäer, bei Mose und dem Volk Gottes nach dem Aufbruch aus der ägyptischen Sklaverei, oder beim Propheten Elija und beim Apostel Paulus. Modern können wir solche Wüstenzeiten auch Auszeiten nennen, oder Sabbatical – und fromm: Zeiten der Stille, Exerzitien oder „geistliche Einkehr“, wie Franz von Sales das nennt. Die Fastenzeit oder österliche Bußzeit lädt uns zu solchen Wüstenzeiten ein – und wer sich darauf einlässt, der kann – wie Jesus – vom Heiligen Geist geführt werden und Gott ganz neu begegnen; oder aber auch vom Teufel in Versuchung geführt werden, so wie Jesus.
Wir haben uns ja angewöhnt, nicht vom Teufel zu sprechen, obwohl seine biblische Präsenz nicht zu leugnen ist, genauso wenig wie die Existenz des Bösen in der Welt. Teufel, Diabolos heißt ja Durcheinanderbringer. Er ist also der, der alles ins Chaos stürzt … und Satan, ein anderer Name, heißt Widersacher, also der, der Gott und seinen Geboten entgegentritt und allen verkündet, dass es das alles nicht braucht, um ein glückliches und sinnvolles Leben zu führen.
Ich glaube, all diese diabolischen Kräfte sind in unserer Welt durchaus erkennbar: das oder der Böse, der alles ins Chaos stürzt; das oder der Böse, der behauptet, Gott ist nicht notwendig, das oder der Böse, der dir genau das anbietet, was er Jesus angeboten hat: die scheinbare absolute Macht über die Welt und sogar über den Tod.
Rainhard Fendrich schrieb 2019 das Lied „Sag man net, es gibt kan Teufel“. Darin zweifelt er zwar an der Existenz Gottes, zumindest daran, dass Gott seine Schöpfung lenkt und leitet, keinen Zweifel aber gibt es für ihn an der Existenz des Bösen. Er singt: „Sag ma net es gibt kan Teufel, der die Wöt no schlimmer macht. Für mi gibts da keinen Zweifel, weu der Teufel aus so vüle G‘sichter lacht: Der gelbe Pudel von der Sonnenbank, der klane Dicke aus Pjöngjang, der strenge Sultan hinterm Mittelmeer, vü Gsichter hat der Lucifer.“
Am Schluss dieses Liedes nennt er auch den Grund, warum der Teufel in der Welt so erfolgreich wirken kann: „Die stärkste seiner Waffe“, so meint Fendrich, „ist die Gier.“
Das Lied ist kein Hit geworden, seine Aktualität aber lässt sich leider nicht abstreiten. Die Gier regiert die Welt immer mehr … und mittlerweile kann man mit dieser Gier sogar Wahlen gewinnen.
Es ist also höchste Zeit für eine Wüstenzeit, für eine echte Fastenzeit, eine österliche Bußzeit, in der wir uns fragen, wo diese teuflische Gier in meinem Leben bereits die Zügel in die Hand genommen hat. Jesus hat auf all das die einzig richtige Antwort. Er meint: „Vor dem Herrn, deinem Gott, sollst du dich niederwerfen und ihm allein dienen.“
Wir Christinnen und Christen sind „Pilgerinnen und Pilger der Hoffnung“. Wir glauben daran, dass nicht das Böse, sondern Gott das letzte Wort hat. Aus dieser Hoffnung sollen wir leben und Zeuginnen und Zeugen dieser Hoffnung sein. Dazu ein abschließender Rat des heiligen Franz von Sales. Er schreibt in einem Brief:
„Machen Sie sich über die Angriffe des bösen Feindes lustig; … Erschrecken wir nicht über seine Sturmsignale; er kann uns nichts Böses antun. … Fürchten wir nichts, außer Gott, und ihn mit einer Furcht voll Liebe; halten wir unsere Türen fest verschlossen; achten wir darauf, dass die Mauern unserer Entschlüsse nicht gerammt werden, und leben wir in Frieden. … Mag auch der böse Feind mit aller Kraft toben, er vermag doch nichts. … Man muss nur ein wenig Geduld haben, um sein Lärmen und Poltern an den Ohren unseres Herzens zu erdulden; darüber hinaus kann er uns nichts schaden. … Richten Sie Ihre Augen zum Himmel … halten Sie sich stark an die göttliche Vorsehung fest. Es lebe Gott! Meine liebe Tochter, ich habe dieses Vertrauen.“ (DASal 5,148-149). Amen.
P. Herbert Winklehner OSFS