Predigt zum 1. Fastensonntag (Mk 1,12-15)

Vierzig

die Zahl Vierzig weist in der Bibel immer auf etwas Fundamentales, Grundlegendes hin. Es ist also eine Zahl mit enormer Symbolkraft. 40 Tage und Nächte dauerte die Sintflut, 40 Jahre lang wanderte das Volk Gottes durch die Wüste ins gelobte Land, 40 Tage lang war Mose auf dem Berg Sinai, um die 10 Gebote zu erhalten, 40 Tage brauchte der Profet Elija zum Berg Horeb, um dort Gott im leisen Säuseln zu entdecken. Und Jesus Christus ist, wie wir gerade hörten, 40 Tage lang in der Wüste, um sich auf seine Sendung in der Welt vorzubereiten.

Wenn die Bibel die Zahl 40 verwendet, dann geht es um Besinnung, Buße, Wende und Neubeginn. Etwas Grundlegendes soll sich im Leben verändern. Das geht nicht von heute auf morgen, eine solche Veränderung dauert – und das wird eben mit der Zahl 40 zum Ausdruck gebracht.

Jesus Christus ist genau in dieser Situation einer grundlegenden Veränderung. Deshalb wird er vom Heiligen Geist in die Wüste geführt, deshalb bleibt er dort vierzig Tage … und in diesen vierzig Tagen geht es in ihm hin und her, drunter und drüber … der Satan – was auf Deutsch Gegner, oder Gegenspieler heißt, versucht ihn, will ihn aus dem Konzept bringen, die Engel, die Boten Gottes, stehen ihm aber zur Seite und helfen ihm.

Am Ende dieser vierzig Tage gewinnt Jesus in diesem Kampf Klarheit über seine Aufgabe und Sendung, also über das, was er von nun an zu tun hat. Er muss den Menschen die frohe Botschaft verkünden: Die Zeit ist erfüllt, das Reich Gottes ist nahe … kehrt um und glaubt an diese frohe Botschaft, die ich euch verkünde.

Die Fastenzeit, die österliche Bußzeit, in der wir uns seit Mittwoch befinden, dauert auch vierzig Tage. Das heißt, aus biblischer Sicht bieten mir diese vierzig Tage jedes Jahr die Möglichkeit, an meinem Leben etwas Grundlegendes zu verändern. Es geht um das Nachdenken darüber, was ich tun kann oder soll, um mich oder mein Leben wieder neu auf Gott hin auszurichten, es geht darum loszulassen, was meinen Weg zu Gott verstellt, und neu zu beginnen, was mir dabei hilft, Gott näher zu kommen. Dabei kann es durchaus drunter und drüber gehen. Liebgewordene Gewohnheiten in Frage zu stellen, ist sicher nicht einfach, genauso wie den inneren Schweinehund zu überwinden. Bei all dem geht es aber nicht darum, mir das Leben zu erschweren, es geht um Verbesserung, um Lebensgewinn, letztlich geht es darum, Jesus Christus in mein Leben hereinzuholen, damit er in mir heilend wirken kann.

Der heilige Franz von Sales nennt diese vierzigtägige Fastenzeit die „Erntezeit des Lebens“. Das ist also etwas sehr Positives. Erntezeiten erfordern allerdings auch Kraft und Anstrengung. Eine Ernte fällt mir nicht einfach so in den Schoß. Ich muss anpacken, hinaus aufs Feld und die Früchte sammeln, die reif geworden sind. Deshalb ermutigt uns der heilige Franz von Sales: „Tun Sie alles, ich bitte Sie, um reich zu werden an diesen kostbaren Schätzen … Halten wir diese Fastenzeit so, als ob sie unsere letzte wäre, und dann werden wir sie gut halten.“ (DASal 5,107). Amen.

P. Herbert Winklehner OSFS