Predigt zum Fest Petrus und Paulus (Mt 16,13-19)
Bunte Vielfalt Kirche
Die bunte Apostelschar ist eigentlich immer ein klares Zeichen dafür, dass sich Jesus Christus eine bunte Kirche wünscht. Da gibt es den Lieblingsjünger und die Donnersöhne, den Eiferer, den Suchenden und Fragenden, den Fels und den Zweifler, die Mutigen und die Ängstlichen, die Braven und die Verräter, die Armen und die Geldgierigen, die traditionell Treuen und die ins Weite hinaus Aufbrechenden, die Säulen und die Wanderer, die einfachen Fischer und die intellektuellen Schriftgelehrten. Pharisäer, Saduzzäer, Essener und Zeloten, für all diese vier jüdischen Glaubensrichtungen gab es in den Reihen der Jünger Jesu liebäugelnde Vertreter. Nimmt man nun auch die Frauen dazu, die Jüngerinnen Jesu, dann wird die bunte Palette der Jesusnachfolgerinnen und -nachfolger noch vielfältiger: Sünderinnen sind da dabei und Heilige, von Dämonen Besessene, Tapfere und Mutige, Fromme und Hingebungsvolle, Überraschte und Eifersüchtige, Betende und Leidende.
Stellvertretend für all diese wunderbare Vielfalt an Vertreterinnen und Vertretern von positiven und negativen Eigenschaften, die seither die von Jesus gestiftete Kirche beleben, feiern wir heute zwei der größten: Petrus und Paulus, den Fischer und den Pharisäer, den Felsen und den Motor für ein weltweites Christentum. Beides Hitzköpfe, die sich im Angesicht widerstanden, wenn sie nicht einer Meinung waren. Beide mussten schmerzhaft erkennen, dass Irrwege und Fehler auch ihr Gutes haben können: der Verleugner des Herrn, als es so wichtig gewesen wäre, sich zu ihm zu bekennen, und der Verfolger der Christinnen und Christen, der sich über die Steinigung des Stephanus freute. Schließlich und endlich aber waren beide bereit, für die Sache Jesu nicht nur ins Gefängnis zu gehen, sondern sogar zu sterben, der eine am Kreuz, der andere durch das Schwert.
Am Fest dieser beiden Apostel könnten wir auch das zu Ende gehende Arbeitsjahr als Pfarrgemeinde feiern, also eine Dankmesse für alles, was im letzten Jahr geschehen ist, durch eine ebenso bunte Schar an Frauen und Männern, Kindern und Jugendlichen, mit all ihren Talenten, aber auch all ihren Schwächen, damit Kirche lebendig bleibt.
Kirche ist kein Einheitsbrei, und das ist gut so. Franz von Sales spricht von „Unidiversität“, also von der „Einheit in Vielfalt“. Das hat natürlich zur Folge, dass nicht immer alles stimmig und einstimmig ist, dass es auch zu Konflikten kommt wie damals zwischen Petrus und Paulus, dass manches in die Irre läuft, aber sehr vieles auch wachsen, blühen und gedeihen kann, sehr oft ganz salesianisch, also im Kleinen, Unscheinbaren und Verborgenen.
Dafür können wir im Namen unserer Pfarrgemeinden ganz herzlich Danke sagen und alle dazu einladen, Gott aus tiefstem Herzen Danke zu sagen, dass er uns ein weiteres Jahr erhalten und begleitet hat. Ich hoffe, dass wir ihm in diesem Arbeitsjahr wieder ein paar Schritte nähergekommen sind. Denn das ist ja das eigentliche Ziel der ganzen Geschichte, die wir Kirche nennen. Wir sind das „pilgernde Gottesvolk“, noch nicht vollendet, sondern auf dem Weg. Unsere Aufgabe ist es, Schritt für Schritt weiterzumarschieren in der Nachfolge Jesu, mit all den Stärken und Schwächen, die wir eben haben, um dereinst den „Hafen der Ewigkeit“ zu erreichen, wie das Franz von Sales nennt, wo wir dann hoffentlich teilnehmen dürfen am Gastmahl des Ewigen Lebens. Amen.
P. Herbert Winklehner OSFS