Predigt zum Franz von Sales Fest (Joh 15,9-17)

Franz von Sales, ein Pilger der Hoffnung

Vor vierhundert Jahren gab es noch keine Flugzeuge, Turbulenzen jedoch, die kannte man sehr wohl, besonders, wenn man mit dem Schiff unterwegs war. Dabei lernte man: Das Leben läuft nicht geradlinig dahin, es geht viel mehr hin und her, auf und ab, es gibt Stürme und hohe Wellen, Gegenwind und Flauten. Genauso kann es in der Gesellschaft zugehen, in der Politik, in der Kirche, am Arbeitsplatz, in der Familie, im Freundeskreis. Große Freude kann man da erleben, aber auch tiefe Trauer. Einmal geht es gut voran, dann hat man wieder das Gefühl, dass nichts weitergeht, ja dass man sogar Rückschritte macht oder Irrwege eingeschlagen hat.

Was rät der heilige Franz von Sales in solchen Situationen? Er verwendet das Bild der Kompassnadel, die – ganz egal wie die Umstände auch sind – immer nach Norden zeigt. Das bedeutet: Mit einer Kompassnadel kann ich mich nicht verirren. Unser Herz, so meint Franz von Sales, soll wie eine solche Kompassnadel sein und sich stets an Gott ausrichten. Tun wir das, dann werden wir trotz aller Turbulenzen, die es im Leben geben mag, trotz aller Um- und Irrwege, schließlich und endlich das Ziel erreichen, den Hafen der Glückseligkeit, die ewige Herrlichkeit in der liebenden Gegenwart Gottes.

Wir befinden uns in einem Heiligen Jahr, das Papst Franziskus am Weihnachtsfest eröffnete und unter das Motto „Pilger der Hoffnung“ stellte. Damit meint er nicht einfach den Optimismus, der besagt, dass immer alles gut werden wird. Hoffnung bedeutet mehr. Sie gründet nämlich auf dem Gottvertrauen, dass Gott uns nicht im Stich lässt, wie Franz von Sales sagt, außer wir wollen mit ihm nichts zu tun haben (vgl. DASal 6,209), und dass uns Gott trägt, wenn wir nicht mehr weiterkönnen. „Die Starken führt Gott an der Hand,“ so können wir in einem seiner Briefe lesen, „die Schwachen nimmt er in seine Arme“ (DASal 5,224).

Uns Christinnen und Christen ist es aufgetragen, diese auf dem Gottvertrauen gegründete Hoffnung vor den Menschen und der Welt zu bezeugen und wie Franz von Sales zu sagen: „Ja, Gott verlangt von uns schon ein ganz großes Vertrauen auf sein väterliches Sorgen, auf seine göttliche Fürsorge. Aber warum sollten wir ihm nicht vertrauen, da er noch keinen getäuscht? Es hat noch keiner sein Vertrauen auf Gott gesetzt, ohne reiche Frucht dieses Gottvertrauens zu empfangen“ (DASal 2,87).

Füllen wir also unser Herz mit dieser Hoffnung, die auf dem Gottvertrauen gründet, richten wir unser Herz wie eine Kompassnadel an Gott aus, vergessen wir ihn nicht, verlieren wir ihn nicht aus den Augen, machen wir uns immer wieder bewusst, dass wir in seiner Gegenwart leben, schließen wir ihn nicht aus unserem Leben aus, sondern orientieren wir uns an ihm, denn er ist unser Halt, er ist das Führungsseil in den Labyrinthen unseres Lebens (vgl. DASal 7,33). Er ist die Liebe, wie uns das heutige Evangelium erzählt, eine Liebe, die so groß ist, dass Jesus sein Leben für uns hingab, und diese Liebe sollen wir an die anderen weitergeben. Gott hat uns erwählt und dazu bestimmt, dass wir uns aufmachen und Frucht bringen. Die Menschen sollen durch uns spüren, dass Gott Liebe ist und wir ihm voll und ganz vertrauen können.

Der heilige Franz von Sales hat dies ein Leben lang getan, obwohl es in seinem Leben alles andere als ruhig zuging. Es gab zu seiner Zeit Kriege, es gab Armut, es gab die Pest, viele Konflikte und Streitigkeiten, er musste sich mit den Folgen der Reformation auseinandersetzen und als Bischof die Reformen des Konzils umsetzen, wobei er immer wieder auf Widerstände stieß. Trotzdem fühlte er sich getragen vom liebenden Gott. Aufgrund dieser festen Hoffnung wählte er sich bei seiner Bischofsweihe auch das Motto „Non excidet“ – das bedeutet auf Deutsch: „Er wird nicht verloren gehen“.

Nutzen wir also das Heilige Jahr 2025 dazu, unsere Hoffnung, die auf dem Gottvertrauen gründet, wieder zu stärken. Der heilige Franz von Sales, der Lehrer der göttlichen Liebe, möge uns dabei unterstützen. So wie wir es auch im Lied „Franz von Sales, großer Kirchenlehrer“ gesungen haben: „Hoffnung nennst du die Tugend, die uns trägt. Auf sie können wir im Leben bau‘n. Grund ist Christus, er ist unser Weg, unser Gott, dem wir vertrau‘n.“ Amen.

P. Herbert Winklehner OSFS