Predigt zum Dreifaltigkeitssonntag (Joh 16,12-15)
1700 Jahre Dreifaltigkeit
„Lernen Sie Geschichte, Herr Reporter“. Diese legendäre Aussage des ehemaligen österreichischen Bundeskanzlers Bruno Kreisky kann man eigentlich auch heute anwenden, um besser zu verstehen, warum wir Christinnen und Christen an den dreifaltigen Gott glauben, also an den einen Gott in drei Personen.
Dieses speziell christliche Glaubensbekenntnis, das uns von den anderen großen monotheistischen Religionen des Judentums und des Islam unterscheidet, feiert nämlich in diesem Heiligen Jahr 2025 den 1700. Geburtstag.
Wie kam es dazu?
Mit der Ausbreitung des Christentums und seiner wachsenden Bedeutung im römischen Reich gab es auch immer häufiger Auseinandersetzungen darüber, in welchem Verhältnis Jesus zu Gott steht. Die einen sagten: Gott und Jesus sind eins – er ist mit göttlicher Vollmacht aufgetreten, hat Wunder gewirkt, er hat Sünden vergeben und die Welt erlöst. All das kann nur Gott vollbringen, sonst niemand.
Die anderen sagten: Nein, Gott kann doch nicht leiden und schon gar nicht sterben, und außerdem ist er, der Ewige auch der Einzige. Jesus kann also nur ein Mensch gewesen sein.
Die Sache eskalierte, als der einflussreiche Priester Arius klar und deutlich zum Ausdruck brachte, dass die Gottheit Jesu eine Irrlehre ist, weil es nur einen einzigen Gott gibt und nicht zwei Götter.
Der römische Kaiser Konstantin, der aus politischen Gründen das Christentum gerade erst zur Staatsreligion erklärte, um die Einheit des römischen Weltreiches zu bewahren, befürchtete eine Spaltung und befahl, dass sich alle Bischöfe zu einem Konzil versammeln müssen, um sich auf ein für alle gültiges Glaubensbekenntnis zu einigen. Das geschah im Jahr 325, also vor genau 1700 Jahren, in Nicäa. Dort löste man das Problem philosophisch durch die Unterscheidung von Wesen und Person. Gott Vater und Gott Sohn sind eins im Wesen, aber unterschieden in der Person. Das gilt auch für den Heiligen Geist. Wir glauben also an einen einzigen, im Wesen gleichen Gott, aber unterschieden in drei Personen: Vater, Sohn und Geist.
Der verstorbene Papst Franziskus schrieb in seiner Botschaft zum Heiligen Jahr 2025: „Das Konzil von Nicäa ist ein Meilenstein in der Kirchengeschichte. Sein Jahrestag lädt die Christen dazu ein, der Heiligen Dreifaltigkeit gemeinsam Lob und Dank zu singen, insbesondere Jesus Christus, dem Sohn Gottes, der wesensgleich dem Vater ist und uns dieses Geheimnis der Liebe offenbart hat.“
Dieses „große Glaubensbekenntnis“ wurde ein paar Jahre später – 381 – noch mit einer genaueren Beschreibung des Heiligen Geistes ergänzt – und ist bis heute unter allen christlichen Konfessionen als gültiges Glaubensbekenntnis anerkannt. Wie all das, was da geschrieben steht, genau zu verstehen ist, wird immer wieder diskutiert und angefragt. Das ist auch gut so, denn dadurch bleibt unser Glaube lebendig und spannend. Eines jedoch sollten wir bei diesen Diskussionen nicht vergessen, was der heilige Franz von Sales in seinen Überlegungen über das Wesen Gottes so formulierte: Gott wäre „sehr armselig, würden wir kleine Geister ihn verstehen“ (DASal 3,225).
Also: Lassen wir Gott seine Größe, lassen wir ihm seine Unbegreiflichkeit. Das vor allem lernen wir aus der Geschichte der Entstehung unseres Glaubens an den einen Gott in drei Personen. Und vertrauen wir einfach auf den Heiligen Geist, von dem Jesus sagt, dass er es ist, der uns in die ganze Wahrheit einführen wird. Dazu lädt uns das Fest der göttlichen Dreifaltigkeit ein. Amen.
P. Herbert Winklehner OSFS