Bild: Bistum Essen / Nicole Cronauge In: Pfarrbriefservice.de

Predigt zum Fronleichnamsfest (Lk 9,11b-17)

Die Würde des Brotes

Heute möchte ich euch einmal eine Legende erzählen, die ich seit meiner Kindheit kenne. Ganz in der Nähe meines Elternhauses in Eferding, Oberösterreich, befindet sich neben einer Straßenkreuzung ein Stein mit eingemeißeltem Kreuz auf der Vorder- und Rückseite. Wir nennen ihn den „Hochzeitsstein“, manche sogar den „Teufelsstein“. Die Geschichte dazu ist einfach: eine reiche Bauerntochter war auf dem Weg zu einer Hochzeitsfeier und hatte ihre neuen Schuhe angezogen. Auf dem Weg musste sie durch eine Pfütze gehen, der sie nicht ausweichen konnte. Danach putzte sie ihre schmutzig gewordenen Schuhe mit den Brotscheiben ab, die sie dabeihatte. Gleich darauf erschien ihr der Teufel und von da an ward sie nie wieder gesehen. Die Moral von der Geschicht? Brot verschwendet man nicht!

Mir war durch diesen Stein und dieser Legende von Kindheit an klar: Brot ist etwas sehr Wertvolles, damit darf man auf keinen Fall achtlos umgehen. Jeder neue Laib Brot, den wir zuhause anschnitten, wurde daher auch ehrfürchtig mit dem Kreuzzeichen bezeichnen, um Gott Danke zu sagen, dass wir dieses Brot jetzt essen dürfen.

Das Fronleichnamsfest möchte uns auf das große Geschenk aufmerksam machen, das Gott uns durch das Sakrament der Eucharistie gegeben hat: Der Leib und das Blut Jesu in den Gestalten von Brot und Wein als Zeichen seiner immerwährenden Gegenwart mitten unter uns.

Das Evangelium von der wunderbaren Brotvermehrung, das wir gerade hörten, möchte uns zeigen, wie überaus wertvoll dieses Geschenk ist, das uns der Sohn Gottes bei jeder Heiligen Messe anbietet. Jesus Christus stillt den Lebenshunger der Menschen in überreichem Maße. Das Wenige, das wir ihm dabei geben können, genügt, damit er daraus so viel Fülle erzeugt, dass sogar noch eine Menge übrigbleibt.

Die Frage jedoch ist: Sind wir uns dessen überhaupt noch bewusst, wenn wir den Leib Christi empfangen? Haben wir noch Achtung und Ehrfurcht vor diesem einzigartig wertvollen Gottesgeschenk? Oder gehen wir mit der Kommunion mittlerweile genauso um, wie mit unseren Nahrungsmitteln, die tonnenweise im Abfall landen?

Ich selbst stelle mir diese Frage immer wieder, wenn ich die Heilige Messe feiere. Ist mir eigentlich noch bewusst, welches Wunder da geschieht – oder ist mir das Staunen darüber durch die jahrzehntelange Routine mehr und mehr abhandengekommen? Fehlt mir überhaupt etwas, wenn ich einmal keine Kommunion empfange, oder ist mir das egal? Bereite ich mich wirklich immer gut auf den Kommunionempfang vor, indem ich mir die Einzigartigkeit dieses Geschehens klarmache oder braucht es das nicht, weil‘s ohnehin immer das Gleiche ist?

Die Legende aus meiner Heimat macht uns darauf aufmerksam, dass man mit Brot immer achtsam und ehrfurchtsvoll umgehen soll, gerade dann, wenn man genug davon haben kann. Das Fronleichnamsfest erinnert uns an diese Ehrfurcht und Achtsamkeit gegenüber dem Sakrament der Eucharistie. Die Heilige Kommunion, die wir empfangen, ist nicht einfach irgendein unscheinbares Stück Teig, sie ist Jesu Geschenk an uns, das Brot des Lebens, wer davon isst wird leben, auch wenn er stirbt.

Mit der heiligen Kommunion, so meint der heilige Franz von Sales, begegnen wir Jesus Christus, empfangen ihn und erhalten das Glück, in den Bereich seiner heiligen Liebe einzutreten (vgl. DASal 1,27). Und das ist nur eine der zahllosen Aussagen, mit denen uns der heilige Franz von Sales die hohe Bedeutung des Kommunionempfanges bewusst machen möchte. Ehrfurcht und Achtsamkeit gegenüber der heiligen Kommunion sollte da eigentlich etwas völlig Selbstverständliches sein. Amen.

P. Herbert Winklehner OSFS