Predigt zum Fest Erscheinung des Herrn (Mt 2,1-12)
Keine Privatsache
Das Fest „Erscheinung des Herrn“ wird oft „Fest der Heiligen Drei Könige“ genannt, obwohl die Bibel nur von den Sterndeutern oder Magiern aus dem Osten berichtet. Der eine König, der in dieser Erzählung tatsächlich vorkommt, spielt eine sehr zweifelhafte Rolle, und der andere König ist das neu geborene Kind von Betlehem. Der Name „Erscheinung des Herrn“ ist also für dieses Fest besser, denn dieser Name ruft uns außerdem in Erinnerung, dass unser Glaube keine Privatsache ist, sondern weitreichende soziale und politische Bedeutung hat.
Der heilige Franz von Sales sagte über dieses Fest: „Die Geburt des Erlösers begleiteten mehrere Wunder, so das Erscheinen des Sterns, der die Sterndeuter des Orients führte, um die Herrlichkeit Unseres Herrn zu offenbaren“ (DASal 9,377), also um diese Herrlichkeit der ganzen Welt sichtbar zu machen.
Die Aussage „Mein Glaube geht niemanden etwas an“ ist also ein Irrtum. Jesus Christus selbst hat das mit seinem Erscheinen in der Welt widerlegt. Und der Evangelist Matthäus bringt es in seiner Erzählung von den Sterndeutern aus dem Osten ins Bild.
Ein neuer Stern ist aufgegangen, so schreibt er. Die Geburt Jesu ist keinesfalls geheim geblieben, sondern wurde für alle Welt sichtbar. Und sie erzeugt politische Unruhe. König Herodes bekommt es mit der Angst zu tun. Seine Macht ist in Gefahr. Betlehem ist keineswegs die unbedeutendste unter den Städten von Juda, sondern der Geburtsort eines Fürsten, der die Welt verändert, vor dem sich die ganze Welt verneigt und ihm huldigt, also nicht nur Maria und Josef, nicht nur die Hirten auf dem Feld, sondern ebenso die Sterndeuter aus dem Osten. Jesus erscheint vor der internationalen Öffentlichkeit als jener, den die Propheten als Friedensfürsten ankündigten und dessen Macht allumfassend ist: Ihm gehören Gold, Weihrauch und Myrrhe, vor ihm verneigt sich Politik, Religion und Gesellschaft. Mit diesem Ereignis, so will uns Matthäus sagen, geht Weihnachten viral, um es mit einem modernen Wort auszudrücken: Sein Erscheinen verbreitet sich mit rasanter Geschwindigkeit über die ganze Welt; nicht nur das Volk Israel, alle Nationen der Erde sind davon betroffen. Mit der Geburt Jesu beginnt ein völlig neues Zeitalter.
Dass unser Glaube an Jesus Christus kein Privatvergnügen ist, zeigt uns auch die Sternsingeraktion, die seit mehr als 70 Jahren mit dem Fest „Erscheinung des Herrn“ verbunden ist. Der designierte Erzbischof von Wien, Josef Grünwidl, meinte dazu:
„Sternsingen ist eine großartige pastorale Aktion. Es kommt jemand von der Pfarre, von der Kirche, ins Haus, bringt die Weihnachtsbotschaft und einen Segensspruch mit für das neue Jahr. Gleichzeitig hat diese Aktion eine Bedeutung in einer globalisierten und vernetzten Welt. Diese weltweite Solidarität, wie sie die Dreikönigsaktion immer im Blick hat, ist sehr wichtig und entscheidend für ein gutes Miteinander hier auf unserem Planeten.“
Also: Die Botschaft von Weihnachten, der Glaube an den menschgewordenen Sohn Gottes wird hinausgetragen in die Öffentlichkeit und macht deutlich, dass es nicht egal ist, wie wir miteinander, mit den Armen und Bedürftigen, mit unserem Planeten umgehen.
Am Ende seiner Geschichte, lässt Matthäus die Sterndeuter auf einen anderen Weg heim in ihr Land zurückkehren. Jesus-Begegnung verändert also die Lebenswege, bedeutet Umkehr und Bekehrung. Wer Jesus begegnet, dessen Leben verändert sich – nicht nur einmal, sondern immer wieder neu, weil er sich an ihm wie an einem Stern orientiert. So wünsche ich uns, was der heilige Franz von Sales einmal in einem Brief zum Ausdruck brachte: „Gott sei der Stern, auf den sich unsere Augen während unserer Lebensreise heften“ (DASal 6,89). Bringen wir diesen Stern durch unser Leben in unserer Welt zum Leuchten. Amen.
P. Herbert Winklehner OSFS

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