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Predigt zum 6. Sonntag der Osterzeit (Joh 14,23-29)

Meinen Frieden gebe ich euch

Mit Papst Leo XIV. haben wir einen Papst bekommen, der von der ersten Stunde an den Frieden einmahnt. Bei seiner Amtseinführung vor einer Woche rief er erneut die Welt zu mehr Einigkeit auf und geißelte jede Form von Krieg und Terror. Und damit weiß er sich in direkter Linie zu seinem Vorgänger Papst Franziskus, der das Heilige Jahr 2025 auch zum Jahr der Hoffnung für den Frieden machte:

„Das erste Zeichen der Hoffnung möge sich als Frieden für die Welt verwirklichen, die sich wieder einmal inmitten der Tragödie des Krieges befindet,“ schrieb der verstorbene Papst Franziskus in seiner Botschaft zum Heiligen Jahr. Und weiter: „Weil die Menschheit die Dramen der Vergangenheit vergisst, wird sie von einer neuen, schwierigen Prüfung heimgesucht, bei der viele Völker von der Brutalität der Gewalt getroffen werden … Die Dringlichkeit des Friedens fordert uns alle heraus und verlangt von uns konkrete Projekte. Die Diplomatie darf in ihrem Bemühen nicht nachlassen, mutig und kreativ Verhandlungsräume für einen dauerhaften Frieden zu schaffen.“

Dass all das alles andere als einfach ist, zeigt nicht nur die Geschichte der Menschheit, die man durchaus als Geschichte der ständigen kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen den Völkern und Nationen bezeichnen kann. Und ich glaube, Jesus Christus hat das gewusst. Deshalb sagte er zu seinen Jüngerinnen und Jüngern auch: „Frieden hinterlasse ich euch, MEINEN Frieden gebe ich euch; nicht, wie die Welt ihn gibt, gebe ich ihn euch.“

Der Friede Jesu ist eben von ganz anderer Qualität als alle Friedensschlüsse dieser Welt. Ihm geht es nämlich nicht um den eigenen Machterhalt, sondern immer und zuerst um das Wohl der anderen. Nur dann, wenn nicht das Recht des Stärkeren den Frieden diktiert, sondern die Würde der Kleinen und Schwachen das entscheidende Kriterium ist, nur dann ist Friede dauerhaft möglich. Genau daran hakt es zwischen den Nationen, aber genauso zwischen den Menschen untereinander. Der Kampf um die eigene Macht ohne Rücksicht auf den Nächsten führt immer nur zu Gewaltausbrüchen. Diese Spirale der Gewalt zu durchbrechen, wäre die Aufgabe eines jeden Menschen, vor allem einer jeden Christin, eines jeden Christen, der Jesus folgt, der uns das neue Gebot gegeben hat, an dem man den Christen, die Christin erkennt: „Liebt einander genau so, wie ich euch geliebt habe“ (Joh 13,34; 15,12). Und als großes Rufzeichen dahinter steht das Wort Jesu: „Der größte von euch ist der, der dient!“ (Mt 23,11). Denken wir an die Fußwaschung beim letzten Abendmahl, denken wir an das Kind, das Jesus in die Mitte stellt, denken wir an all seinen Einsatz für die Kleinen und Benachteiligten. Dann haben wir die Friedensdiplomatie Jesu ganz konkret und praktisch vor Augen.

Gut, dass Jesus im heutigen Evangelium auch sagt: „Euer Herz beunruhige sich nicht und verzage nicht … Der Beistand, der Heilige Geist, wird euch alles lehren.“

Beten wir um diesen Heiligen Geist! Beten wir in diesem Jahr ganz besonders dafür, dass er den Mächtigen dieser Welt, aber auch uns, die wir immer wieder Konflikte im Kleinen zu lösen haben, Kreativität und Phantasie für den Frieden schenkt, und den Mut, diese Ideen zu verwirklichen, auch wenn wir dadurch selbst den Kürzeren ziehen und die eigene Macht einbüßen. Groß ist eben immer nur der, der dient; groß ist nicht der, der seine Macht verteidigt, sondern der, der die Kleinen groß werden lässt.

Der heilige Franz von Sales erlebte den Beginn des 30-jährigen Krieges, durch den Europa verwüstet und Millionen von Menschen getötet wurden. Einer der Verantwortlichen dafür war der französische Kardinal Richelieu. Ihn hat Franz von Sales eindringlich davor gewarnt, mehr auf Jesus zu hören, und weniger auf seine eigenen Machtinteressen … denn sonst wird das in einer Katastrophe enden. Leider hat Richelieu weder auf Franz von Sales noch auf Jesus gehört – und es kam zur Katastrophe. „Nichts führt Krieg gegen den Menschen als der Mensch selbst!“ So lautet ein Wort des heiligen Franz von Sales. Das bedeutet: Es liegt immer am Menschen selbst, ob er Krieg führt oder im Frieden lebt. Hoffen und beten wir, dass sich der Mensch für den Frieden entscheidet. Amen.

P. Herbert Winklehner OSFS