Rückblick voller Dankbarkeit
(Lesung: Apg 4,1-5.18b-21; Evangelium: Mt 25,31-40)
Es ist fast einzigartig – dieses Erinnerungsheft an unseren Alois, das Sie in den Bänken aufliegen gefunden haben, dieses Heft des Rückblicks voller Dankbarkeit, das Gregor Pozniak zusammen mit P. Herbert Winklehner und unserem Zivildiener Benedikt in stundenlanger Arbeit zusammengestellt hat. Es ist wohl ein Beweis dafür, welche Rolle und damit welche Bedeutung P. Alois für jede/n von uns in ihrer/seiner eigenen Lebensgeschichte gehabt hat. Für manche, zu denen ich auch gehöre, war er seit früher Kindheit ein Bekannter und vertrauter Wegbegleiter, für andere ist er in einem seiner unterschiedlichen Einsatzgebieten in Österreich und Deutschland erst später ins Leben getreten, ob als Seelsorger in der KIM-Bewegung oder als Hochschulpfarrer in Eichstätt, als Verantwortlicher für die Ausbildung unserer Ordensstudenten, als Pfarrer der Franz von Sales Pfarre im 10. Bezirk oder als Kirchenrektor und Seelsorger in St. Anna in der Wiener Innenstadt.
Das Heft zeigt auf beeindruckende Weise die vielen Stationen seiner Lebensgeschichte, und man kann aus all den Berichten, Bildern und auch zwischen den Zeilen herauslesen, wie beliebt P. Alois war, wie engagiert als Priester und Seelsorger, wie sehr er als Oblate des hl. Franz von Sales versucht hat, wie unser Ordensstifter Franz von Sales selbst, allen alles zu werden. Was auffallend ist, wie oft P. Alois Abschied nehmen musste. Abschied von ihm liebgewordenen Menschen, Abschied von Freund*innen, denn aus einer Zusammenarbeit mit ihm wurde bald mehr, eine menschliche Beziehung, eine Freundschaft. Oft hat P. Alois Abschied genommen, wenn sicher auch nicht leicht aufgrund der vielen gewachsenen Beziehungen, aber immer mit dem Blick nach vorne, auf das, was auf ihn zukam, was auf ihn wartete, was ihn herausforderte, weil nicht für alles, was er anging, fühlte er sich von vorn herein gebildet und gewappnet, aber er ging hinein in die Herausforderung und wuchs schließlich mit ihr, sodass er fast überall auch mit seiner Aufgabe zurechtkam.
P. Alois hat nun endgültig Abschied genommen von uns und von den Herausforderungen. Das Gefäß seines Leibes ist zerbrochen, damit so das Unsterbliche an ihm frei wird für die Auferstehung des ewigen Lebens. Diesen wunderschönen Satz hat er selbst anlässlich des Todes seiner Mutter geschrieben und dieser Satz zeugt davon, wie tief er an die Auferstehung zum ewigen Leben geglaubt hat. Wir alle haben von diesem Glauben etwas geschenkt bekommen durch seine Verkündigung, durch seine Weltanschauung, durch sein soziales Engagement, durch die vielen Gespräche – letztlich durch die Zeit, die er uns geschenkt hat und um die ihm nie leid gewesen ist, auch wenn er vielleicht anderes vorgehabt hatte. Wahrscheinlich half ihm dazu sein Temperament, manchmal auch seine fast ungestüme und spontane Art, mit der er auffiel und auch beeindruckte.
Das kam sicher nicht von ungefähr. Denn Alois musste sich als Einzelkind, das bereits mit zwei Jahren seinen Vater verlor, seinen Weg bahnen. Mit seiner Mutter zog er bereits mit 8 Jahren in unsere Ordensschule Dachsberg, wo sie die kranken Kinder im Internat betreute. So wurde Dachsberg sein Zuhause, wo er zur Schule ging, um dann weiter ins Internat der Oblaten nach Ried i.I. zu gehen und dort zu maturieren. Alois war ein kritischer Schüler, der vieles hinterfragte und das nicht immer zur Freude seiner Erzieher und Lehrer. Aber offensichtlich schien ihm die Berufung zum Ordensleben und Priester wie eine Konsequenz seiner Beheimatung in den Ordenshäusern, in denen er seine Kindheit und Jugend verbrachte. Alois erzählte mir einmal über seine Berufung: er hatte zwei Vorstellungen von seiner Berufung: Jesuit oder Oblate. Irgendwie ist er beides geworden. Jesuit, weil er so viel Interesse hatte an Wissenschaft, Bücher und Zeitschriften, Interesse an Geschichte und Weltgeschehen, Interesse für soziale Gerechtigkeit einzutreten, Interesse daran, die heilende Botschaft Jesu mit Wort und Tat wirksam werden zu lassen.
Wir können unmöglich schweigen über das, was wir gesehen und gehört haben, sagen Johannes und Petrus, als ihnen von den Schriftgelehrten in Jerusalem der Mund verboten wurde. Alois war kein Schweigender. Er trug sein Herz auf der Zunge. Er hielt nicht zurück mit dem, was er empfand, weil er es nicht aushielt, nicht auszusprechen, wofür er brannte. Oblate war Alois von seiner menschlichen Seite. Ich bin nichts so sehr als Mensch, sagt einmal Franz von Sales. Alois war nichts so sehr als Mensch. Empathisch, mitfühlend, genauso energisch und emotional. Für ihn war es klar, man muss sich einsetzen für die Gerechtigkeit, einsetzen nach dem, was Christus von uns allen erwartet: Hungrigen zu essen geben, Durstigen zu trinken geben, Obdachlose aufzunehmen, Kranke zu besuchen, Frierenden eine Wärmestube anzubieten, und Kranke durch die Sakramente zu stärken, selbst Verurteilten eine weitere Chance zu geben. Das tat Alois, nicht weil er damit Christus etwas Gutes tat, sondern weil er seine Verantwortung für die Menschlichkeit spürte und diese keinen Aufschub duldete. So war er mit Christus vielleicht manchmal mehr verbunden als in der Kirche am Altar.
Auf sein Primizbild schrieb er 1968 das Wort des hl. Paulus: Wir sind Mitarbeiter an eurer Freude. Dieses Wort hat er damals als sein Leitbild gewählt, heute rückblickend können wir bestätigen: er ist seinem Leitbild gefolgt und hat tatsächlich an unserer Freude als Christen mitgearbeitet. Wir sind dankbar, dass es für ihn unmöglich war, darüber zu schweigen, was das Christsein an Schätzen in sich birgt. Jesus selbst ist es nun, der zu ihm spricht: Alois steh auf! Was du verkündet hast, woran du geglaubt hast, das steht nun für dich bereit: die Auferstehung zum ewigen Leben! Danken möchte ich zuletzt allen, die Alois in seiner letzten Lebensphase, unter der er selbst wohl am meisten gelitten hatte, mit liebevoller Sorge und Geschwisterlichkeit begleitet haben, sodass er in Frieden und Ergebung sich in die Hände seines Herrn fallen lassen konnte. Amen
P. Thomas Vanek OSFS (Wien-Krim 24.3.2025)