Predigt zum 4. Adventsonntag (Mt 1,18-24)

Jesus – Immanuel

Jeder Name hat eine Bedeutung – davon war man gerade in biblischer Zeit überzeugt. Der Name offenbart etwas vom Wesen dessen, der diesen Namen trägt – und auch von der Aufgabe, die mit dieser Person verbunden ist. Manchmal kann sich dieser Name sogar verändern. Ein Beispiel dafür ist Petrus, der eigentlich Simon geheißen hat. Aus Simon – was „Gott erhört“ bedeutet – wird Petrus, der Fels, auf dem Jesus seine Kirche erbaut.

Im heutigen Evangelium stehen auch zwei Namen im Mittelpunkt, die uns einen Hinweis und eine Erklärung für das Wesen und die Aufgabe des menschgewordenen Gottessohnes geben wollen: Wer also ist dieser Gott, dessen Geburtsfest wir demnächst wieder feiern? Die Namen, die unser Gott tragen soll, wollen uns genau diese Frage beantworten.

Der erste Name lautet „Jesus“ – dieser Name bedeutet „Gott heilt“. So also ist Gott zu uns: er ist der Heiland, der heilsame Gott für uns Menschen. Er möchte, dass wir durch seine Nähe geheilt werden. Daher wird Gott Mensch, einer von uns, damit wir das Leben haben, das Leben in Fülle.

Der zweite Name lautet „Immanuel“. Dieser Name bedeutet: „Gott mit uns“. Auch dieser Name zeigt uns, wer Gott ist: Gott ist ein Gott, unser Leben teilen, unseren Lebensweg begleiten möchte. Er will, dass wir Menschen mit ihm in seiner Gegenwart leben.

Der erste Name überhaupt, den Gott in der Heiligen Schrift den Menschen von sich offenbarte, lautete „Jahwe“ – das bedeutet: „Ich bin da“. Nun also geht Gott sogar noch einen Schritt weiter: Er will „Jesus“ sein – er will der sein, „der für den Menschen heilsam ist“; und er möchte Immanuel sein, also Gott, „der mit den Menschen ist“.

Wir feiern heute den vierten Adventsonntag. Alle vier Kerzen des Adventkranzes brennen bereits. Das ist ein untrügliches Zeichen dafür, dass das Hochfest der Geburt unseres Herrn Jesus Christus unmittelbar vor der Tür steht. In wenigen Tagen feiern wir Gott, der da ist, Gott, der für uns heilsam ist, und Gott, der mit uns sein möchte. Die Frage an uns lautet: Haben wir uns darauf schon ausreichend genug vorbereitet?

Der heilige Franz von Sales meint, dass es bei dieser Vorbereitung nicht so sehr auf das Äußerliche ankommt, sondern vor allem auf unser Herz. Gott möchte nicht nur in unserer Welt ankommen, er möchte nicht einfach nur da sein, heilsam sein und mit uns sein, er möchte vor allem in unser Herz hinein. Er möchte also in unserem Innersten Wohnung nehmen.

Die Frage ist also, ob unser Herz auch auf diesen hohen Besuch vorbereitet ist. Sind wir bereit, Jesus in unserem Herzen zu empfangen? „Seht, Christus kommt uns suchen;“ sagt Franz von Sales in einer Adventspredigt, und er fügt hinzu: „Die Kirche lädt uns ein, ihn gut zu empfangen.“ Wir könnten auch sagen: Ist mir bewusst, dass Jesus mich besuchen will? Bin ich auch ausreichend auf diesen hohen Gast vorbereitet? Habe ich mein Herz aufgeräumt, damit Gott in mir ankommen kann und sich bei mir wohlfühlt, damit ich ein guter Gastgeber bin? Will ich das denn überhaupt, dass Gott bei mir ankommen kann? Will ich überhaupt einen Gott, der da ist, heilsam ist und mich begleitet? Will ich überhaupt einen Jahwe, einen Jesus, einen Immanuel in mir haben? Oder sind die Türen meines Herzens noch zugesperrt, damit Gott mir ja nicht zu nahe kommen kann?

Ein paar Tage habe ich noch Zeit, mir darüber Gedanken zu machen und mich auf das Kommen Gottes in meinem Herzen vorzubereiten. Vielleicht haben wir sogar Angst davor, dass uns Gott zu nahe kommt? Vielleicht wollen wir ja gar nicht, dass er unser Herz berührt … Hier gibt uns Franz von Sales einen sehr schönen Satz mit auf den Weg, der uns dabei helfen kann, die Türen unseres Herzens weit aufzumachen und Gott bei uns einzulassen. Er meint nämlich: „Die Liebe Gottes zerstört nicht, sie vollendet alles“. Jesus heißt: „Gott heilt“ … Gott ist also heilsam für alle, die ihn in sein Herz hineinlassen. Amen.

P. Herbert Winklehner OSFS