Predigt zur Osternacht (Lk 24,1-12)

Der Tod hat nicht das letzte Wort

Vor bald 400 Jahren, am 28. Dezember 1622 starb der heilige Franz von Sales im Gärtnerhaus des Heimsuchungsklosters in Lyon, Frankreich, an den Folgen eines Schlaganfalls. Er wurde 55 Jahre alt.

Wir nehmen das heute ohne große Trauer zur Kenntnis. Es ist ja etwas ganz Natürliches, dass ein Mensch stirbt. Für die Menschen im engeren Umfeld, besonders für die heilige Johanna Franziska von Chantal, aber auch für sehr viele Menschen der Diözese, in der er als Bischof wirkte, war dieser Tod eine Katastrophe … Wir können das wirklich nur verstehen, wenn wir an eigene Trauerfälle denken, die uns getroffen haben – an Angehörige, Freunde, die uns nahestanden, und die wir plötzlich und unerwartet zu Grabe begleiten mussten.

Was wir heute feiern, ist nichts anderes. Um das Paschafest vor etwa 2000 Jahren in Jerusalem wird Jesus, der Sohn des Zimmermannes Josef aus Nazareth, auf grausame Weise als Verbrecher hingerichtet und schnellstmöglich bestattet, um die hochheilige Sabbatruhe nicht zu stören. Lassen wir uns diese Situation nicht gleich wieder religiös überhöhen. Das war für den Kreis um Jesus wirklich die absolute Katastrophe. Ein Mensch, auf den man seine ganze Hoffnung setzte, lebt nicht mehr, ist tot. Sein Leichnam liegt jetzt in einem Grab, hinter einem Stein. Es ist aus.

Ich bin relativ oft, eigentlich jede Woche, in Situationen, in denen ich vor einem Sarg oder einer Urne stehe. Eine besondere Herausforderung ist es, den betroffenen Angehörigen genau in dieser Situation des endgültigen, nicht mehr rückgängig zu machenden Todes eines geliebten Menschen doch noch etwas zu sagen … und ich tue das, in dem ich mich vor die Menschen hinstelle und – trotz allem – meinen Glauben an die Auferstehung bekenne, fast so wie die beiden Männer, von denen im heutigen Evangelium die Rede ist: „Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten … Er ist nicht hier. Er ist auferstanden.“

Im Angesicht des Todes, in der Aussegnungshalle und am Grab verkünde ich den durch den Tod erschütterten Menschen: Der Tod ist nicht das Ende, sondern die Vollendung. Jesus Christus, der den Tod besiegte, wird auch uns zur Auferstehung führen.

Die Erfahrung der Osternacht, oder des Ostermorgens hat uns diese Botschaft geschenkt. Es ist die zentrale Botschaft unseres Glaubens. Ja, die Menschen müssen sterben, tausendfach, millionenfach, in allen Altersstufen, auf alle mögliche Art und Weise, friedlich und sanft, grausam und schmerzvoll, erwartet oder plötzlich … der Tod trifft jeden, aber er ist nicht das Ende. Nach dem Tod folgt die Auferstehung und das ewige Leben. Deshalb feiern wir diese Nacht, diesen Morgen. Wir trotzen dem Tod und feiern das Leben.

Der heilige Franz von Sales hat daran geglaubt und daher kurz vor seinem Tod gebetet: „Befreie meine Seele aus dem Gefängnis des irdischen Leibes, damit ich deinem heiligen Namen lobsingen kann.“

Die Frauen am Grab, das waren Maria von Magdala, Johanna und Maria, die Mutter des Jakobus, und die übrigen Frauen mit ihnen, diese Frauen erzählen es den Jüngern. Das ist eine so unfassbare Botschaft, dass sie es zuerst für Geschwätz halten. Eine Erfahrung, die ich in den Gesichtern der Trauernden auch immer wieder erleben kann. Du redest doch nur dummes Zeug, lass uns in Ruhe. Ich sags trotzdem, mit der leisen Hoffnung, dass der eine oder die andere doch nach Hause geht, „voll Verwunderung über das, was geschehen war.“

Diese Verwunderung feiern wir jedes Jahr an Ostern: Jesus ist auferstanden. Er ist nicht tot, er lebt. Das Grab ist leer. Und daher dürfen wir Christinnen und Christen entgegen jede Vernunft am Friedhof sagen: der Tod hat nicht das letzte Wort. Amen.

P. Herbert Winklehner OSFS