Predigt zum Requiem P. Friedrich Schmalhofer OSFS (1 Thess 4,13-14.17-18; Joh 14,1-6)

Die Liebe zur Musik

In der Aussegnungshalle am Friedhof Sievering:

Schön, dass Sie sich die Zeit nehmen, von P. Friedrich Schmalhofer, ihrem Bruder, Verwandten, Freund und Mitbruder Abschied zu nehmen, für ihn ein Gebet zu sprechen, ihm noch eine Blume zu überreichen oder einen lieben Gedanken nachzuschicken.

Ich selbst habe P. Schmalhofer nicht gut gekannt. Ich meine, dass ich ihm nur einmal begegnet bin, und zwar hier in Wien, in St. Anna. Damals war ich noch in der Ausbildung in unserem Kloster in Eichstätt, Bayern, und wir kamen nach Wien zum Katholikentag.

Aber all das spielt heute keine große Rolle mehr. Wir alle hatten einen ganz unterschiedlichen Bezug zu ihm und seinem langen Leben. Wir lernten ihn aus verschiedenen Perspektiven und Begegnungen kennen, und jede und jeder von uns trägt deshalb ein ganz bestimmtes Bild oder auch mehrere Bilder von Fritz im Herzen und in der Erinnerung. Und wir alle wissen, dass diese Bilder nie das ganze, das originale und originelle Bild von Fritz sein werden.

Mich berührt das zutiefst, wenn ich vor diesem Sarg stehe, mit einem Menschen darin, der fast neunzig Jahre alt wurde; der in einer schweren Zeit zur Welt kam und seine Kindheit in den Kriegsjahren durchleben musste; der in seinen jungen Jahren viel an Zerstörung, an Hass und Tod erlebte, dann aber auch den Aufbau und Neubeginn, und damit Hoffnung und Freude …; dessen Seele viele Narben gehabt haben muss und die doch wunderschöne Musik hervorbringen konnte.

Wir alle können nur vermuten, was in ihm an Reichtum vorhanden war. Als gläubige Menschen wissen wir, dass es jemanden gibt, der das genaue Bild von ihm kennt und der auf dieses Bild mit sehr gütigen und liebenden Augen schaut, jetzt genauso, wie schon zu seinen Lebzeiten. Deshalb sind wir auch hier, weil wir in unserer Trauer glauben, dass der Tod eben nicht das letzte Wort hat. Wir nehmen daher nicht nur schweigend und stumm Abschied, sondern wollen Gott für diesen Menschen danken und ihn den Händen unseres Schöpfers anvertrauen.

Beim Requiem in der Kirche Maria Schmerzen, Kaasgraben:

Lesung: 1. Brief an die Thessalonicher 4, 13-14.17-18
Evangelium: Johannes 14,1-6

Pater Schmalhofer war über sechzig Jahre Ordensmann und 1964 wurde er zum Priester geweiht, er war also circa achtundfünfzig Jahre Priester. Er wurde Priester, weil er ein gläubiger Mensch war; weil er glaubte, dass Gott das so wollte, und weil auch er selbst sich wünschte, Gott in der Schöpfung zu dienen.

Deshalb sind wir hier in der Kirche, deshalb feiern wir diesen Gottesdienst. Als gläubige Menschen trauern wir eben nicht wie die anderen, die nicht glauben, so wie wir es in der Lesung gehört haben. Wir sind hier, weil wir voll der Hoffnung sind, dass es unserem Verstorbenen gut geht, und den Worten Jesu aus dem heutigen Evangelium vertrauen, der selbst von den Toten auferstanden ist und uns versichert, dass wir bei ihm sein und mit ihm leben werden.

Es lebt sich anders, wenn man an einen Gott glauben kann. Man kann anders mit der Geschichte umgehen, vor allem auch mit der eigenen Geschichte. Man hat einen anderen Blick auf das Ende, wenn man daran glaubt, dass das Leben nicht zu Ende geht, sondern es ein Weiterleben, einen Himmel gibt. Dass man sich deshalb im hohen Alter aus Furcht vor dem Tod, vor dem Nichts nicht ängstlich zurückziehen muss, sondern bis zum Ende irgendwie dranbleiben kann, das ist wunderschön.

Altwerden ist nichts für Feiglinge. Altwerden ist etwas für Menschen wie ihn, der bis ins hohe Alter in die Musik verliebt war. Die Musik war seine Methode, um mit Gott ganz eng in Verbindung zu kommen; die Musik war wahrscheinlich sein Gebet, seine Sprache, um mit Gott zu kommunizieren.

Und umgekehrt sicher auch: Gott hat ihn mit diesem Talent gesegnet, um etwas von Gott selbst in Fritz vibrieren, erklingen zu lassen, damit etwas von Seiner Schönheit und Harmonie durch ihn erfahrbar wird.

Ich meine zu erahnen, dass es ihm ähnlich erging wie dem Schriftsteller Hermann Hesse, der einmal schrieb, dass er eine große Sehnsucht nach Erlösung, nach Vergessen, nach Befreiung in sich verspürte, auch eine Sehnsucht nach der Nähe Gottes, eine Sehnsucht nach Frieden und Liebe, eine Sehnsucht nach Leben, nach dem vollen Leben, nach göttlichem Leben. Gefunden habe er all das nur in der Musik.

Fritz und seine Orgel, sein Klavier, sein Chor, seine Kompositionen waren immer für Gott bestimmt. Ich beneide ihn darin, dass er zu Lebzeiten einen Weg gefunden hat, wie man mit Gott im Gespräch und Austausch bleiben kann, wie man seine Dankbarkeit, seine Freude, aber auch seine Trauer darbringen und mit Gott kommunizieren kann.

Er hat sich auf musikalische Weise mit Gott unterhalten. Das ist nichts Oberflächliches, nichts Auswendiggelerntes, das sind keine leeren Formeln, die wir so oft verwenden, sondern er hat durch die Musik Gott angebetet, sich ihm überlassen.

Erinnern Sie sich an das Neujahrskonzert aus dem Goldenen Saal des Wiener Musikvereins, das dieses Jahr von Daniel Barenboim dirigiert wurde. In seiner Ansprache richtete er einen dringenden Appell an uns Zuhörer, uns am Orchester und der Musik ein Vorbild zu nehmen, damit wir wieder zusammenfinden, weil uns diese Pandemie getrennt hat.

Musik ist also ein Symbol für die Einheit unter uns Menschen und mit Gott.

Was auf jeden Fall ebenso bleibt ist Dankbarkeit!

Dankbar Gott gegenüber, der ihn uns für viele Jahre geschenkt hat. Mit all seiner Geselligkeit, seiner Liebe, seiner Gastfreundschaft. Mit seiner Herzlichkeit. Mit seiner Liebe zur Musik.

Aber noch wichtiger ist es, dass wir im Blick auf sein Leben und Sterben lernen, mit unserem eigenen Leben jeden Tag dankbar umzugehen, weil dieses irdische Leben nicht ewig ist. Der Mensch stirbt ja nicht nur am Ende des Lebens, sondern jeder Tag bringt uns näher dahin.

Es ist so, wie wenn sich einer langsam aus dem Leben hinausstiehlt. Bei Fritz war das deutlich wahrzunehmen, als er in ein Seniorenheim zog und die Kontakte immer weniger wurden. Seine Beweglichkeit schränkte sich ein, das Gedächtnis ließ stetig nach.

Altwerden, so sagte einmal jemand, ist etwas für Träumer. Die Träume richten sich nicht zurück auf das, was in diesem Leben schön und gut war. Sie schauen verstärkt nach vorne, auf einen neuen Anfang, auf ein Ziel.

Vielleicht war Fritz so einer, der sagen konnte: Ich habe gerne gelebt, das Leben war wunderschön, die Musik habe ich geliebt, es gab in meinem Leben Menschen, die mich mit all meinen Kanten, Macken und Einschränkungen liebten und die ich liebte, aber jetzt habe ich Gott vor Augen, der in meinem ganzen Leben so prägend war, und darauf freue ich mich. Wünschen wir es ihm!

Abschließend noch einige nachdenkenswerte Gedanken über die Musik:

Von französischen Schriftsteller Victor Hugo stammt der Satz: „Die Musik drückt das aus, was nicht gesagt werden kann und worüber zu schweigen unmöglich ist.“

Der amerikanische Jazz-Trompeter Louis Armstrong meinte: „Du musst lieben, um spielen zu können.“

Der deutsche Komponist Robert Schumann sagte: „Wenn die Liebe fehlt, fehlt auch die Musik.“ Ähnlich sein Kollege Moritz Hauptmann: „Wo kein Herz ist, ist keine Musik.“

Und schließlich der heilige Bischof und Kirchenlehrer Franz von Sales, der den Himmel mit einem fulminanten Konzert verglich und schrieb: Im Himmel werden einmal „verschiedenartige Stimmen und verschiedenklingende Töne … einmünden in ein von überall her tönendes, zusammenklingendes, laut schallendes, ewiges Alleluja!“

P. Provinzial Josef Költringer OSFS, Wien-Kaasgraben, 7.2.2022