Predigt zum 6. Sonntag im Jahreskreis (Lk 6,17.20-26)

Auf Jesus Christus blicken

Christinnen und Christen schauen auf Jesus Christus und im Blick auf ihn ändert sich auch ihre Sicht auf die Welt, die Gesellschaft, das Leben. Ob uns das immer gefällt, ist dabei nicht entscheidend. Wichtig ist die Ausrichtung, die Orientierung auf Jesus Christus. Und sollten wir dabei erkennen, dass unser Denken und Handeln anders verläuft, dann sollten wir immer bereit sein zur Umkehr, zum Umdenken.

Ein Beispiel dafür sind die Seligpreisungen und die Weherufe Jesu, die wir gerade eben gehört haben. In ihnen macht uns Jesus mit ganz wenigen Sätzen sehr eindrucksvoll deutlich, wie er denkt und die Welt betrachtet. Seine Sichtweise ist dabei überraschend anders: die Reichen, die Satten, die Lachenden und jene, die gelobt werden, all diese werden von Jesus gewarnt: Passt auf! Wenn ihr so weitermacht, dann stürzt ihr euch ins Unglück.

Die Armen, die Hungernden, die Weinenden, die Ausgestoßenen, Geschmähten und Verfolgten aber, die werden von Jesus ermutigt: Gebt nicht auf! Haltet durch, euer Lohn ihm Himmel wird groß sein.

Das entspricht eigentlich nicht unseren üblichen Vorstellungen. In den Himmel gehoben werden bei uns doch für gewöhnlich nur die Sieger, die Erfolgreichen. Sie sind es, die aufs Podest kommen und bejubelt werden. Jesus denkt da ganz anders und das sollten wir bei unseren Überlegungen stets im Hinterkopf behalten.

Und noch etwas sollten wir bedenken: Jesus denkt über den irdischen Horizont hinaus. Für ihn endet das Leben nicht mit dem Tod nach siebzig, achtzig, neunzig Jahren, das Entscheidende für ihn ist die Ewigkeit, der Himmel. Und dort werden uns noch einmal die Augen aufgehen. Wir werden erkennen, dass Vieles von dem, wie wir die Welt betrachtet haben, ganz anders ist. Daher schreibt ja auch der Apostel Paulus an die Gemeinde von Korinth: „Wenn wir allein für dieses Leben unsere Hoffnung auf Christus gesetzt haben, sind wir erbärmlicher dran als alle anderen Menschen“ (1 Kor 15,19). Christinnen und Christen wissen eben, dass es nicht nur dieses Leben hier auf Erden gibt. Sie schauen nämlich auf Jesus und erkennen: Es geht um viel mehr als wir vielleicht oft meinen. Es geht um das Reich Gottes, das Himmelreich, und dort sind ganz andere Dinge gefragt als in unserer Welt.

„Wie trügerisch ist doch diese Welt“, schreibt daher auch der heilige Franz von Sales einmal, „wie trügerisch ist doch diese Welt und wie wünschenswert die Ewigkeit“ (DASal 6,224). Denn dort herrschen ausschließlich die Gesetze Gottes, durch die die Armen, Hungernden, Weinenden und Ausgestoßenen seliggepriesen werden: „Freut euch und jauchzt … denn siehe, euer Lohn im Himmel wird groß sein.“

Was ist die Konsequenz aus all dem? Ich glaube, wir sollten noch mehr und noch intensiver auf Jesus Christus schauen, darauf, was er gesagt und getan hat, wie er diese Welt betrachtete, vor allem dann, wenn wir nicht ganz einverstanden sind damit.

„Schauen wir auf zu ihm“, rät uns Franz von Sales, „dann werden wir nicht sterben! Dieser Aufblick heilt unsere Wunden.“ Denn „uns gläubigen Christen“ wurde Jesus „unser Erlöser, das Ziel all unserer Liebe; er wurde uns der gütigste Arzt für alle unsere Gebrechen.“ (DASal 2,185).

Bald schon beginnt wieder die Fastenzeit. Das wäre ein guter Anlass, sich wieder einmal intensiv mit Jesus Christus zu beschäftigen, ihn und seine Gedanken, seine Seligpreisungen und Weherufe zu bedenken, seine Hinweise darauf, dass dieses Leben nicht nur irdisch, sondern ewig ist. Kehren wir um, wenn wir erkennen, dass unsere Vorstellungen nicht mit den seinen übereinstimmen. Denn diese Umkehr ist heilsam. Amen.

P. Herbert Winklehner OSFS