Predigt zum Pfingstmontag (Joh 3,16-21)

Vom Heiligen Geist erleuchtet

Die Aussendung des Heiligen Geistes am Pfingstfest in Jerusalem war die Initialzündung für die Ausbreitung der Frohen Botschaft in die ganze Welt. Gott hat seinen Sohn in die Welt gesandt, so hörten wir im Evangelium, weil er uns liebt, und weil er möchte, dass wir gerettet werden. Nun geht es darum, diese Wahrheit zu tun, also all das, was uns Jesus Christus verkündete, damit seine Botschaft ans Licht kommt und deutlich wird, wer Gott wirklich ist. Dies alles brauchen wir nicht allein zu tun, sondern mit der Kraft des Heiligen Geistes, die uns durch die Taufe und durch die Firmung geschenkt ist.

Unzählige Frauen und Männer haben sich seither mit all ihrer Kraft für diese Wahrheit eingesetzt. Die meisten davon auf ganz unscheinbare Weise, viele aber sind uns heute noch bekannt. Ein Beispiel dafür ist die heilige Johanna Franziska von Chantal, die vor 450 Jahren geboren wurde. Vom Heiligen Geist erleuchtet, setzte sie sich im Laufe ihres Lebens auf ganz unterschiedliche Art und Weise für die Wahrheit ein, die uns Jesus Christus offenbarte. An ihr können wir sehr schön erkennen, wie unterschiedlich dieser Einsatz für die Wahrheit aussehen kann.

Johanna Franziska von Chantal war Tochter, Ehefrau, Mutter, Witwe und schließlich Klostergründerin und Ordensfrau. In all diesen verschiedenen Lebensabschnitten erwies sie sich als treue Jüngerin Jesu, die mit ihren Fähigkeiten und Talenten ihre Sendung in dieser Welt verwirklichte.

Vor allem als Ordensfrau, die zusammen mit dem heiligen Franz von Sales die Ordensgemeinschaft der Schwestern von der Heimsuchung Mariens gründete, wollte sie mit ganzer Kraft den Menschen deutlich machen, dass Gott Liebe ist und möchte, dass wir zum Licht des Lebens gelangen. Das war auch das Ziel ihrer Ordensgründung: in den Begegnungen mit den Menschen und durch ihre gelebte Nächstenliebe sollen die Menschen erfahren, dass Gott die Liebe ist, der uns die Fülle des Lebens verheißen hat, vor allem die Armen und Kranken sollen dies spüren können.

Nach dem Tod des heiligen Franz von Sales lag die Ausbreitung ihrer Ordensgemeinschaft allein auf ihren Schultern. Sie musste tausende Kilometer durch ganz Frankreich reisen, um neue Klöster zu gründen und andere Klöster zu besuchen, um ihnen beizustehen. Sie begegnete dabei nicht nur den einfachen Menschen, die ihr ganz nahe sein wollten, weil sie spürten, dass von ihr eine Kraft ausgeht, die sie tröstet und ihnen Hoffnung schenkt. Selbst die Königin von Frankreich bat sie um Rat – sie wusste nämlich, dass Johanna Franziska nicht nur Ordensfrau, sondern eben auch Ehefrau und Mutter von sechs Kindern war. Sehr viele Frauen und Männer schätzten ihren Rat, obwohl sie selbst ein Leben lang um ihren Glauben an den Gott der Liebe kämpfen musste, weil sie in ihrem Leben viele Schicksalsschläge zu verkraften hatte: den Tod ihres Ehemanns, den Tod fast aller ihrer Kinder, den Tod des heiligen Franz von Sales. Und immer wieder fragte sie sich: Ist Gott wirklich diese Liebe, dieses Licht, von dem das Evangelium spricht? Wie kann Gott all das zulassen? Eine Antwort fand Johanna Franziska nicht, sie entschied sich allerdings zu etwas, das wir heute den „Trotzdem-Glauben“ nennen können: Trotz allem glaube ich daran, dass Gott die Liebe ist, auch wenn ich das derzeit nicht spüren kann, aber ich glaube fest daran, dass das, was Jesus Christus in die Welt gebracht hat, die Wahrheit ist. Mit der Kraft des Heiligen Geistes, des Trösters und Beistandes, gehe ich meinen Weg weiter, auch wenn dieser Weg durch Dunkelheiten und Finsternisse führt.

Vielleicht geht es uns manchmal genauso wie der heiligen Johanna Franziska von Chantal. Inmitten der Herausforderungen des Alltags sind wir auf der Suche nach dem Gott der Liebe, und wir finden ihn nicht. Nehmen wir uns ein Beispiel an dieser heiligen Frau, geben wir nicht auf, halten wir trotzdem am Glauben fest – so wie es im heutigen Evangelium heißt: „Wer die Wahrheit tut, kommt zum Licht.“ Vielleicht nicht gleich heute, aber sicher am Ende unseres Lebens. Davon war Johanna Franziska überzeugt – und so konnte sie sich in der Vorahnung ihres Todes mit den Worten verabschieden: „Auf Wiedersehen, bis in Ewigkeit.“ Amen.

P. Herbert Winklehner OSFS