Predigt zum Hochfest der Gottesmutter Maria – Neujahr (Lk 2,16-21)

Gott gehören wir in Zeit und Ewigkeit

„Gott gehören wir in Zeit und Ewigkeit“ (DASal 5,142), so meint der heilige Franz von Sales. Beim Wechsel am Ende eines alten und am Beginn eines neuen Jahres mag uns das vielleicht sehr deutlich bewusst werden.

Die Zeit vergeht. Der Rhythmus der Sekunden lässt sich nicht aufhalten. Manchmal erscheinen uns diese Sekunden schneller zu vergehen, manchmal langsamer – wenn sie jedoch vorbei sind, dann sind sie vorbei. Vergangenes ist endgültig vergangen, es kann nicht mehr zurückgeholt werden.

Da tut es gut, wenn uns jemand versichert, dass wir Gott gehören, unsere Zeit, unsere Vergangenheit, unsere Gegenwart, unsere Zukunft. Unser Leben ist also nicht verloren, sondern eingebettet in ein großes Ganzes, das wir Ewigkeit nennen, das unvergängliche, zeitlose Sein in Gottes liebender Gegenwart.

Das heutige Evangelium liefert uns einen guten Hinweis darüber, wie wir mit all dem umgehen können.

In Betlehem ist viel passiert – und was machte Maria? „Sie bewahrte alles, was geschehen war, in ihrem Herzen und dachte darüber nach“.

Und was machten die Hirten? „Sie kehrten zurück und rühmten Gott für all das, was sie gehört und gesehen hatten.“

Vielleicht sind diese Sätze aus dem Evangelium ein guter Hinweis für uns, es heute, am ersten Tag des Jahres, genauso zu machen: All das, was im vergangenen Jahr geschehen ist, in unserem Herzen bewahren und darüber nachzudenken. Was war gut? Was ist nicht gelungen? Woran sollten wir uns erinnern? Was kann getrost vergessen werden? Wo braucht es Veränderung, was darf bleiben? Und vor allem: Wo waren die Spuren Gottes in meinem Leben? Wo habe ich seine Gegenwart gespürt, wo bin ich mir allein gelassen vorgekommen? Wo habe ich Gott gesucht, wo gefunden, wo links liegen gelassen?

All diese Fragen helfen, das neue Jahr gut – und das bedeutet mit Gott zu beginnen. Und sie helfen mir, so wie es die Hirten taten, in den Alltag zurückzukehren und dort Gott zu loben und zu preisen für all das, was wir erlebt haben. Das wäre ohnehin das Entscheidende: In aller Ruhe und Gelassenheit in den Alltag zurückzukehren und diesen Alltag so zu gestalten, dass Gott durch mein Leben gelobt und gepriesen wird. Und so könnten wir heute genauso darüber nachdenken: Wie gestalte ich mein Leben so, dass dadurch Gott gelobt und gepriesen wird? Was braucht es dazu? Will ich das überhaupt: Gott durch mein Leben loben und preisen für all das, was er in meinem Leben alles tut und wirkt? Und vor allem: Möchte ich überhaupt, dass Gott in meinem Leben eine wesentliche Rolle spielt? Will ich Gott in meinem Alltag überhaupt dabei haben? Oder genügt es mir, ihn hie und da einmal kurz zum Thema zu machen, um ihn dann wieder an den Rand zu schieben? Wie sehr bin ich bereit, mich von Gott wirklich beeinflussen zu lassen?

Ich schließe mit einem Satz des heiligen Franz von Sales, den er einmal in einem Brief geschrieben hat: „Nun aber sollen Sie [sich bewusst machen] …, dass wir [Gott] gehören, in Gesundheit und Krankheit, in Heimsuchung und Wohlergehen, im Leben und im Tod, in Zeit und Ewigkeit.“ (DASal 6,323)

Nützen wir also den Jahresbeginn, um uns das bewusst zu machen: Wir gehören Gott, egal was passiert, wir gehören Gott in Zeit und Ewigkeit. Und das ist gut so. Dafür bin ich ihm sehr dankbar, weil es mich selbst entlastet und befreit. Und mein Wunsch ist es, dass durch mein Leben, meinen Alltag, Gott gelobt und gepriesen wird für all das, was er für mich jeden Tag tut. Amen.

P. Herbert Winklehner OSFS