Predigt zum Requiem P. Ernst Walecka (Mt 5, 13-16; Ps 84)
Ein Herz für die Pfarrseelsorge
Es ist kaum zwei Monate her, da haben wir unseren P. Ernst noch einmal hier in der Kirche hochleben lassen. 60 Jahre Priester und 40 Jahre Pfarrer von dieser Pfarre hier. Es war eine herzliche Feier voll des Dankes und der Wertschätzung für seinen Dienst und sein Herz, das er in die Pfarrgemeinde und die Sorge um ihre Seelen hineingelegt hat. Er war nicht mehr imstande, selbst diesem Gottesdienst vorzustehen, ich sehe ihn noch dort auf diesem Platz sitzen und ich sehe ihn auch noch vor mir, wie er die volle Kirche, die vielen Priester, die gekommen waren, die Vereine, die ihm dankten … wie er diese Feier, die wohl zum letzten Mal rund um seine Person stattfand, … wie er diese Feier genoss. Da war ein Strahlen aus seinem Gesicht bemerkbar, eine gewisse Zufriedenheit und Genugtuung verbunden mit dem Ausdruck der Dankbarkeit. 40 Jahre, das ist nicht wenig. Das sind mindestens zwei Generationen, die er von Kindheit an kannte, taufte, begleitete, unterrichtete, zur Erstkommunion führte und vielleicht auch noch traute. Und darauf war er stolz, und das spürte man auch, wenn er über sein Wolfsthal erzählte, über das, was er 1977 hier übernommen hatte, wie er seine Aufgabe als Pfarrer verstand, was er gestaltete, wie die Gemeinde vor allem seit dem Fall des eisernen Vorhangs hier wuchs, wie er sich hier zuhause fühlte. Das war auch in dieser Dankesfeier Anfang November deutlich spürbar. Es war eine Dankesfeier und gleichzeitig auch eine Abschiedsfeier. Es war Zeit, sich endgültig in den Ruhestand zu begeben. Und das war auch gut so. Wir alle hätten ihn in seiner kleinen Privatwohnung, die er in dieser Zeit bezog, noch einige Zeit vergönnt, die Kontakte und die gewachsenen Beziehungen hier in Wolfsthal noch zu genießen. Aber offensichtlich war diese Feier vor zwei Monaten doch schon auch ein Abschiednehmen von dieser Welt, ein Abschiednehmen aus unserer Mitte. Schnell kann was kommen, gerade in einem hohen Alter von 87 Jahren. Jetzt ist P. Ernst noch einmal unter uns, aber nur mehr als der gestorbene Leib, als Leichnam, der uns ab jetzt vielmehr auf die Erinnerung an ihn verweist, die wir in uns tragen, an die vielen Spuren, die er in unserem Leben hinterlassen hat. Umso mehr freut es mich, dass wir, die wir jetzt wieder hier um ihn versammelt sind, ihm noch zu Lebezeiten diese Freude machen konnten. Was uns heute hierher führt, ist einerseits die letzte Ehre, die wir ihm, dem Ehrenbürger von Wolfsthal, noch einmal erweisen wollen, andrerseits aber ist es eine noch viel größere, überirdische Freude, die uns heute hier versammeln lässt: es ist die Freude, dass er nun teilnehmen kann am himmlischen Festmahl, dass er nun ganz erleben darf, wovon er sein Leben lang als Priester gesprochen hat, was er verkündet hat im Glauben an die Auferstehung. Er selbst darf nun das „Komm, nimm teil an der Freude deines Herrn!“ genießen, er selbst darf nun frei von den körperlichen Leiden, die ihm zuletzt schon ziemlich zusetzten, in der Leichtigkeit des Himmels erfahren, was es heißt, von Jesus empfangen zu werden, von ihm liebevoll angeschaut zu werden, von ihm letztlich in die Arme des barmherzigen Vaters geführt zu werden.
Mutter der Barmherzigkeit – das ist der Titel dieser Pfarr- und Wallfahrtskirche, die sein Stolz war. Ich erinnere mich noch gut daran, als ich ihn vor ein paar Jahren besuchte und er mir die Kirche, der er zu diesem gegenwärtig wunderbaren Zustand verholfen hat, mit strahlendem Gesicht und mit großer Zufriedenheit über das, was hier geleistet wurde, gezeigt hat. Ich habe heute noch die Bilder in meinem Handy gespeichert, die ich damals von ihm inmitten seiner Kirche fotografiert habe. Der Psalm 84, den wir vorhin als Lesung gehört haben, drückt das so wunderbar aus, wie ich P. Ernst damals erlebte: „Wie liebenswert ist deine Wohnung, du HERR der Heerscharen! Meine Seele verzehrt sich in Sehnsucht nach den Höfen des HERRN. Mein Herz und mein Fleisch, sie jubeln dem lebendigen Gott entgegen. … Selig, die wohnen in deinem Haus, die dich allezeit loben. Selig die Menschen, die Kraft finden in dir, die Pilgerwege im Herzen haben.“ Zu jedem Detail in dieser Wohnung Gottes hier in Wolfsthal hatte P. Ernst eine kleine Geschichte. Was aber untrennbar für ihn mit diesem Bauwerk verbunden war, das waren Sie, liebe Schwestern und Brüder – die Pfarrgemeinde, ohne die diese Kirche ein Museum wäre, nicht aber ein heiliger Raum der Gottesbegegnung und des gemeinsamen Erlebens von Kirche, einer pilgernden Kirche, wie sie das letzte Konzil (Vat.2) bezeichnet hat, das P. Ernst als Priester geprägt hat und aus dem er immer wieder zitierte. Als Seelsorger und Pfarrer war P. Ernst das, was Jesus in der Bergpredigt seinen Jüngern zu sein empfohlen hatte: wie Salz zu sein, das der Erde Geschmack verleiht; wie Licht zu sein, wie eine Lampe, die dazu da ist, den Menschen Licht zu sein und ihnen damit zu mehr Leben zu verhelfen. Salzig war P. Ernst wohl allemal, allein schon durch seine markante und robuste Sprache und Ausdrucksweise, durch seine Umgänglichkeit, die den original Wiener überall spürbar werden ließ, durch seine griffigen Bilder, die er in seinen Gesprächen und Predigten gebrauchte und die klar und deutlich herüberkamen, weil er sie wie Jesus aus dem ganz normalen Alltag der Menschen nahm. Dass P. Ernst Salz für diese Gemeinde war, liegt wohl zum Teil auch daran, dass er ein Fan der Salze war, und zwar genauer noch: der Schüßler Salze! Ich erinnere mich noch gut, wie er mir einmal einen ganzen Vortrag hielt über die Basissalze und die Ergänzungssalze, wie notwendig die Mineralien der Salze für den Körper und die Gesundheit sind, wie regelmäßig und in welchen Dosierungen man diese Salze zu sich nehmen muss, damit der Körperhaushalt nicht aus dem Gleichgewicht gerät. Wovon er überzeugt war, das war er für die Menschen auch: Salz, das Geschmack ins Leben bringt. Und ich denke, diesen Geschmack hat er hier in das Leben der Gemeinde hineingebracht. Dafür sind Sie ihm, sind wir ihm dankbar. Dafür haben Sie sich auch eingesetzt, dass er hier im Priestergrab seine letzte Ruhe findet. Im Tod wird ein Mensch aus irdischer Sicht schal wie das Salz, das seinen Geschmack verliert. Und dennoch ist der Nachgeschmack, den wir von einem Menschen in uns haben, nicht auslöschbar. Ja, und im Glauben an die Auferstehung wird dieser Nachgeschmack zum Vorgeschmack – nämlich zum Vorgeschmack an das, was Jesus uns als sein Vermächtnis hinterlassen hat: das ewige Leben, das endgültige Heimkommen zu Gott. Damit dürfen und sollen wir uns in dieser Zeit des Abschiednehmens von P. Ernst trösten und bestärken, zum christlichen Glauben ermutigen und bestärken. Hören wir dazu noch Franz von Sales: „Weinen wir nicht wie jene, die ganz an dieses arme Leben verloren sind und nicht wissen, dass wir dem Ewigen entgegengehen. Nach dem Heimgang zu Gott wird die Liebe und Freundschaft, die wir auf dieser Erde geschlossen haben, erneuert, um nie wieder getrennt zu werden. Wenn wir die Worte jener, die daheim bei Gott sind, hören könnten, sie würden uns sagen: Warum tröstet ihr euch nicht mit mir? Als ich noch bei euch war, habt ihr oft beteuert, dass ihr mich liebt. Warum trauert ihr um meinen Heimgang, da Gott mir solche Herrlichkeit gab? – Ich will von euch etwas ganz anderes als euren Schmerz: eure Sorge für EUER ewiges Heil … Ich habe nur eine Sorge: dass wir uns alle wiedersehen am Herzen Gottes.“ Amen
P. Provinzial Thomas Vanek OSFS