Predigt zum Gründonnerstag (Joh 13,1-15)
Ich habe euch ein Beispiel gegeben
Im Mittelpunkt des Gründonnerstags steht das letzte Abendmahl Jesu. Dabei wird auf zweifache Weise auf einen ganz wesentlichen Inhalt unseres Glaubens hingewiesen, nämlich dass Gott Liebe ist und wir diese Liebe in der Welt spürbar machen sollen … oder mit den Worten Jesu aus dem heutigen Evangelium: „Ich habe euch ein Beispiel gegeben, damit auch ihr so handelt, wie ich an euch gehandelt habe.“
Das eine Symbol sind die Füße. Darauf macht uns in diesem Jahr auch das Fastenhungertuch von Misereor aufmerksam. Es zeigt den zertrümmerten Fuß eines Menschen aus Chile, der bei der Wahrnehmung seiner Bürgerrechte durch die Staatsgewalt verletzt wurde. Das Motiv des verwundeten Fußes steht hier stellvertretend für alle Orte in unserer Welt, an denen Menschen gebrochen und zertreten werden.
Jesus aber bricht uns die Füße nicht, er macht etwas ganz anderes, er wäscht sie uns. Das Bild des zertrümmerten Fußes auf dem Hungertuch ist daher umgeben von goldenen Blumen. Jesus stellt unsere Füße auf weitem Raum. Jesus kniet sich vor uns hin, wäscht uns die Füße und trocknet sie ab. Er tut damit an uns jenen Dienst, den zu seiner Zeit nur die niedrigsten Sklaven verrichteten. Er sagt uns damit: Der Größte von euch sei der Diener aller. Der Größte von euch ist der, der seinen Mitmenschen hilft, dass sie aufrecht stehen und gehen können.
Die Gründonnerstagsfrage lautet also: Wie kann ich diesen Dienst des Füßewaschens in meinem Leben verwirklichen?
Der heilige Franz von Sales schreibt in einem Brief: „Wir werden immer die Fußwaschung brauchen, da wir ja im Staube wandeln. Möge Gott uns die Gnade schenken, in seinem Dienst zu leben und zu sterben“ (DASal 8,84).
Das zweite Gründonnerstagssymbol ist Brot und Wein. Auch mit diesen Symbolen wird die Liebe Gottes zu uns Menschen deutlich. „Es gibt keine größere Liebe, als wenn einer sein Leben hingibt für seine Freunde. Ihr seid meine Freunde“, so sagt Jesus und er zeigt auf das Brot und sagt, das ist mein Leib, ich gebe ihn hin für das Leben der Welt. Und er zeigt auf den Wein uns sagt: Das ist mein Blut, vergossen als neuer Bund zwischen Gott und den Menschen. Und dann sagt Jesus: „Tut dies zu meinem Gedächtnis“. Teilt miteinander Brot und Wein, damit die Welt spürt, dass Gott Liebe ist.
Hier lautet die Gründonnerstagsfrage: Wie kann ich die Kraft der Eucharistie, die Kraft von Brot und Wein, die Kraft von Leib und Blut Jesu, die Kraft seiner Liebe in meiner Welt spürbar werden lassen?
Der heilige Franz von Sales nennt die Eucharistie so wie auch das Zweite Vatikanische Konzil den „Mittelpunkt der christlichen Religion, … der den Abgrund der göttlichen Liebe umfasst“ (DASal 1,90). Jesus Christus wird darin zur „Speise des Herzens für alle Menschen.“ (DASal 9,159). Diese Speise des Herzens sollen wir in dieser Welt verteilen, damit die Menschen nicht zertrümmert werden, sondern aufrecht und mit Würde durchs Leben gehen können. Amen.
P. Herbert Winklehner OSFS