Predigt zum Fronleichnamsfest (Joh 6,51-58)

Das Himmelsbrot

Woran merken wir eigentlich am deutlichsten, dass Gott uns wirklich liebt? An der Natur, die so herrlich und wunderbar erschaffen ist und uns vor allem Gottes kreative, schöpferische Liebe deutlich macht? Oder an Gottes Menschwerdung, die uns zeigt: Gottes Liebe ist so groß, das er einer von uns wurde? Oder an seinem Erlösungswerk durch Leiden, Kreuz und Tod hindurch: Keine Liebe ist größer als die, wenn einer sein Leben gibt für seine Freunde? Oder an den Gaben und Wirkungen des Heiligen Geistes, seinem Ausdruck der tröstenden und bleibenden Liebe Gottes bis zum Ende der Welt?

All diese Antworten sind richtig und wertvoll. Am deutlichsten, so glaube ich, wird diese Liebe Gottes zu uns Menschen aber daran, dass wir Gott essen dürfen und sollen: „Wer mein Fleisch ist und mein Blut trinkt, hat das ewige Leben.“ „Ich bin das lebendige Brot … wer von diesem Brot ist, wird leben in Ewigkeit.“

Gott wählt Brot für seinen Liebesbeweis, weil es nicht nur ein Grundnahrungsmittel für die gesamte Menschheit ist. Brot gibt es überall, in allen Ländern. Damit macht er deutlich: Ich liebe alle Menschen ohne Ausnahme, ich möchte, dass alle Menschen ohne Ausnahme diese Liebe erfahren dürfen.

Am Brot zeigt sich aber noch auf andere Weise, dass Gott uns wirklich liebt. Mit der Wahl des Brotes zeigt Gott nicht nur, dass wirklich alle Menschen seine Liebe erfahren sollen, er setzt sich damit auch der Gefahr aus, lächerlich gemacht und verspottet zu werden.

Die Hostie, das Heilige Brot, ist so unscheinbar, dass es für uns Menschen ein leichtes ist, dieses Brot in den Schmutz zu ziehen, es nicht mit der notwendigen Ehrfurcht und Anbetung zu behandeln. Und das geschieht ja auch oft genug, dass sich Menschen über die Kommunion lustig machen. Viel zu oft passiert es mir selbst, dass ich unkonzentriert, unachtsam die Kommunion empfange, weil ich an ganz andere Dinge denke als an die intime Begegnung mit dem Allerheiligsten.

Sehr bewusst ist mir das in jenen Wochen geworden, in denen es keine öffentlichen Gottesdienste gab. Der Leib Christi war plötzlich unerreichbar. War das jetzt für uns schlimm, oder nicht? Ist uns da etwas abgegangen? Hat dieser wochenlange Verzicht in uns die Sehnsucht nach dem lebendigen Brot wachsen lassen?

„Dieses Himmelsbrot“, so sagte der heilige Franz von Sales einmal, „stärkt das Herz und erfreut das Gemüt“ (DASal 1,229). Tut es das wirklich?

Der heilige Franz von Sales war felsenfest davon überzeugt, dass er ohne die Kraft und Stärkung durch den Leib Christi nicht glücklich sein und kein sinnvolles Leben führen kann. Denn, so glaubte er, durch die Heilige Kommunion wird er von der Liebe Gottes selbst genährt.

„Wer die hochheilige Kommunion empfängt, nimmt den lebenden Jesus Christus in sich auf“ (DASAl 7,201) – schreibt er. Und weiter:

„Köstliches Brot, wer dich würdig genießt, wird ewig leben …. Welch unvergleichlich lieblichen Geschmack hat dieses Brot für die Seelen, die es würdig genießen! Welche Köstlichkeit, … sich zu nähren mit dem Brot, das vom Himmel herabgekommen ist, … Was es indessen am köstlichsten macht, das ist die Liebe, mit der es uns gegeben wurde von jenem selbst, der zugleich die Gabe und der Geber ist“ (DASal 9,211).

Das Fronleichnamsfest, das Hochfest des Leibes und Blutes Jesu Christi, erinnert uns genau an diese Liebe. Vielleicht nehmen wir ja das diesjährige Fronleichnamsfest zum Anlass, uns den Wert dieses Heiligen Brotes neu bewusst zu machen. Ein Gebet, das Franz von Sales der heiligen Johanna Franziska von Chantal vorschlägt, kann uns dazu weiterhelfen. Franz von Sales betet:

„Heiland unseres Herzens, da wir nun … an Deinen Tisch treten …, um nicht nur Dein Brot zu essen, sondern Dich selbst, der Du unser lebendiges (Jo 6,51) und übernatürliches (Mt 6,11) Brot bist, bewirke, dass wir … diese ganz vollkommene Speise in der richtigen und vollkommenen Weise in uns aufnehmen …, erfüllt von Deiner heiligen Gnade, Güte und Liebe“ (DASal 5,216). Amen.

P. Herbert Winklehner OSFS