Predigt zum 11. Sonntag im Jahreskreis (Mt 9,36-10,8)
Es gibt viel zu tun
Es gibt viel zu tun, packen wir‘s an … wir schaffen das! Solche Situationen gab es offenbar auch schon zur Zeit Jesu. „Er sah die vielen Menschen – sie waren müde und erschöpft. Die Ernte ist groß, aber es gibt nur wenig Arbeiter.“
Jesus packt an, er wählt zwölf Jünger und beauftragt sie, zu den Menschen zu gehen und ihnen das Reich Gottes zu verkünden, in dem sie Kranke heilen, Tote aufwecken, Aussätzige rein machen und Dämonen austreiben.
Es gibt viel zu tun, packen wir‘s an … wir schaffen das. So könnte man auch heute sagen. Die Herausforderungen der Welt sind fast unüberschaubar: Krieg und Terror, Rassismus, Flüchtlingsdramen, Umweltvernichtung, Klimaerwärmung, Missbrauchs- und Korruptionsskandale, Arbeitslosigkeit und nun auch noch alles verschärft durch die Corona-Pandemie. Dazu der schleichende Verfall grundlegender demokratischer Werte und Menschenrechte, Streit und Konflikte im privaten Haushalt genauso wie auf der politischen Weltbühne. Verbale Entgleisungen, Lügen und abstruse Verschwörungstheorien, Lust nach der absoluten Macht und Geldgier – und immer auf Kosten der Schwächeren.
Bei all den Horrormeldungen, die täglich die Nachrichten beherrschen, gehen natürlich die kirchlichen Stimmen regelmäßig unter. Auch da wird viel lieber von den Skandalen berichtet, die von kirchlichen Amtsträgern verursacht werden, als von den vielen Bemühungen, sich um das Wohl der Menschen in der gesamten Welt – und für das Wohl der Schöpfung einzusetzen.
Papst Franziskus tut das praktisch ständig. Er hat diesen Jesus-Blick, den uns das heutige Evangelium beschreibt. Er sieht die vielen Probleme und hat Mitleid und er ruft dazu auf: Es gibt viel zu tun, packen wir‘s an.
Die österreichischen Bischöfe haben dies mit ihrem diesjährigen Hirtenwort zum Pfingstfest ebenso getan. Es ist leider weitgehend untergegangen, wohl auch deshalb, weil es zu sanft formuliert war. Ich möchte sogar sagen: viel zu salesianisch, also viel zu liebevoll und unspektakulär. Umso mehr ist es unsere christliche Aufgabe, unermüdlich jene guten Botschaften unters Volk zu bringen, die das Himmelreich verkünden.
Die österreichischen Bischöfe schreiben von der „erneuerten Normalität“. Es ist ihr Plan, wie es jetzt – angesichts der Erfahrungen der letzten Monate und angesichts der großen Herausforderungen, denen die Welt gegenübersteht – weitergehen soll. Sie schreiben dabei von Dankbarkeit und Demut, von Versöhnung und Verbundenheit, Aufmerksamkeit und Solidarität, Wertschätzung und Lernbereitschaft, Achtsamkeit und Entschlossenheit, Lebensfreude und Geduld und schließlich von Vertrauen und Zuversicht. Sie empfinden diese „kleinen Tugenden“, wie sie der heilige Franz von Sales nennen würde, als die geeigneten Mittel, die unsere Welt gerade jetzt notwendig braucht. Damit können wir Kranke heilen, Tote aufwecken, Aussätzige rein machen und Dämonen austreiben. Sie sind uns geschenkt, als Gaben des Heiligen Geistes, und wir sollen sie ebenso als Geschenke reichlich weitergeben.
Oder wie der heilige Franz von Sales formuliert: Um anständige und fromme Menschen zu werden „üben wir uns einfach, demütig und eifrig in den kleinen Tugenden, … in Geduld, … Demut …, in der Liebe zum Nächsten, im Ertragen unserer Fehler, in der Sorgfalt und im heiligen Eifer“ (DASal 1,112).
Und das jeden Tag von neuem. Denn es gilt täglich: Es gibt viel zu tun, packen wir es an. Wir schaffen das. Amen.
P. Herbert Winklehner OSFS