Predigt zum Dreifaltigkeitssonntag (Mt 28,16-20)
Unser Gottesbild
Für die Griechen und Römer, die Ägypter, Sumerer, Babylonier – also für die Völker rund um die Bibel war eigentlich alles klar: Für jedes Problem, das wir haben, gibt es einen Gott, dem wir opfern müssen, damit wir ihn freundlich stimmen, und schon gibt es eine Lösung. Gibt es diese Lösung einmal nicht, dann haben wir zu wenig geopfert, oder wir haben dem falschen Gott ein Opfer dargebracht.
Diese Vorstellung des Menschen von Gott oder den Göttern ist nicht nur uralt, sondern in den unterschiedlichsten Variationen immer noch vorhanden. Ich brauche einen Gott, der meine Fragen beantwortet, meine Probleme löst, der meinem Leben nützt. Tut er es nicht, dann brauche ich ihn auch nicht. Dieses Gottesbild hat den Philosophen und Naturwissenschaftlern das Argument geliefert, dass jede Religion, jede Vorstellung von Gott nur eine menschliche Erfindung ist, die immer unglaubwürdiger wurde, je mehr der Mensch die Gesetze der Natur und sein eigenes Denken begriff. Damit entstand der Atheismus oder seine etwas leichter Form des Agnostizmus. Gott wurde abgeschafft, oder als nicht logisch erklärbar ins Eck der nicht eindeutig erwiesenen Phänomene gestellt.
Auch wenn Atheisten oder Agnostiker sehr oft als die Feinde des Christentums angesehen werden, so dürfen wir ihnen trotzdem dankbar sein. Sie helfen uns nämlich, falsche Gottesbilder zu erkennen, nämlich solche, die mit Gott wirklich nichts zu tun haben.
Unser Glaube, der auf dem Fundament der Bibel aufgebaut ist, geht einen anderen Weg der Gotteserkenntnis … und diesen Weg feiern wir heute am Sonntag der Heiligsten Dreifaltigkeit: Gott Vater – Gott Sohn – Gott Heiliger Geist – ein Gott in drei Personen. Das entzieht sich jeder Logik, aber damit auch jeder Instrumentalisierung durch den Menschen. Der dreifaltige Gott ist kein Lückenbüßer, den man mit bestimmten Gebeten und Opfern für seine menschlichen Sehnsüchte und Wünsche manipulieren kann. Der dreifaltige Gott ist das Ergebnis der Erfahrung des Gottesvolkes mit jenem einen und einzigen Gott, der das Volk aus Ägypten gerettet und sein Befreier und seine ganze Hoffnung geworden ist.
Es ist die Erfahrung mit Jesus Christus, eine Erfahrung, die besagt: In diesem Jesus handelt Gott selbst. Er ist das endgültige Wort und die liebende Gegenwart Gottes in der Welt.
Und es ist schließlich die Erfahrung mit dem Heiligen Geist, die Kraft, Energie und Liebe Gottes, in der Jesus für immer gegenwärtig ist, so wie er es auch versprochen hat: „Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt.“
Wie das alles zu erklären ist, das bleibt ein Geheimnis und das ist auch gut so. Wir können einem Agnostiker oder Atheisten, aber auch keiner anderen Religion logisch erklären, warum wir an Gott Vater, Gott Sohn und Gott Heiliger Geist als den einen und einzigen wahren Gott glauben. Dadurch aber laufen wir auch nicht Gefahr, Gott zu unserem Automaten zu machen, der nur dazu da ist, unsere Bitten zu erfüllen. Er ist eben kein Überbau, kein Über-Ich und auch nicht Opium des Volkes, er ist unbegreifliches Geheimnis, das von uns angebetet und verherrlicht wird. Wir können Gott nicht erklären, wir können ihm nur danken, und das tun wir jedes Mal aufs Neue, wenn wir miteinander die Heilige Messe feiern und am Ende des Hochgebetes, das die Mitte der Eucharistie bildet, mit unserem Amen – So sei es – bestätigen: Durch Jesus Christus und mit ihm und in ihm ist dir Gott, allmächtiger Vater, in der Einheit des Heiligen Geistes alle Herrlichkeit und Ehre jetzt und in Ewigkeit. Oder wie der heilige Franz von Sales einmal zusammenfassend schrieb: „Auf diesem Glaubensartikel von der Dreifaltigkeit beruht die Menschwerdung und auf der Menschwerdung unsere ganze Erlösung. Auf diesem Artikel beruht die Sendung des Heiligen Geistes und auf ihr unsere ganze Rechtfertigung. Er ist also der Grundartikel: Es ist also katholischer Glaube, dass wir einen Gott in drei Personen verehren“. Amen.
P. Herbert Winklehner OSFS