Predigt zum 7. Sonntag der Osterzeit (Joh 17,20-26)

Mit den Waffen der Liebe und des Gebetes

Dieses Gebet Jesu um die Einheit aller seiner Jüngerinnen und Jünger, das er beim letzten Abendmahl an Gott Vater richtete, hat der heilige Franz von Sales in seinem Leben ganz besonders ernst genommen. Und dazu hatte er auch wirklich allen Grund. Das 16. Jahrhundert, an dessen Ende er geboren wurde, war das Jahrhundert der Reformation. Europa war tief gespalten zwischen den Anhängern der Reformatoren Martin Luther, Johannes Calvin, Huldrych Zwingli und den Verteidigern der römisch-katholischen Kirche und dem Papst. Dabei kam es immer wieder zu heftigen kriegerischen Auseinandersetzungen mit viel Leid, Tod und Elend. Franz von Sales und seine Familie selbst waren davon betroffen. Ein Landgut der Sales, das sich im heiß umkämpften Gebiet des Chablais, südlich des Genfer Sees, befand wurde einfach niedergebrannt. Und die ersten Jahre nach seiner Priesterweihe 1593 bemühte er sich intensiv um die Einheit in diesem Gebiet des Chablais, um das seit siebzig Jahren zwischen Genf, der Hochburg der Calviner, und dem katholischen Savoyen gestritten wurde.

Vier Jahre lang wirkte er dort unermüdlich, auch unter Einsatz seines Lebens, um die Einheit und den Frieden wieder herzustellen. Viermal entging er nur knappe einem Attentat, einmal musste er unter Lebensgefahr eine vereiste Brücke überwinden, vor einem Rudel Wölfe musste er auf einen Baum fliehen und dort die Nacht verbringen. Am Ende aber war er erfolgreich. Das Besondere daran: Franz von Sales kam nicht mit Waffengewalt, seine Methode war das Gebet und vor allem die Liebe, mit der er den Menschen begegnete. Zuvor hatten sich die Gegner stets gegenseitig verteufelt und verflucht … Franz von Sales nannte alle seine Schwestern und Brüder. Er war immer bereit zum Dialog. Als es den Menschen verboten wurde, mit ihm in Kontakt zu treten, nutzte er das damals neue Kommunikationsmittel des Flugblattes, um mit den Menschen ins Gespräch zu kommen. Und er schaffte es nach vier Jahren unermüdlichen Einsatzes tatsächlich, die Einheit im Glauben wiederherzustellen. Am Ende dieser vier Jahre wurde daher ein Fest der Einheit gefeiert, ein „Vierzigstündiges Gebet“, an dem der Herzog von Savoyen und sogar der Nuntius des Papstes teilnahmen.

Gebet, Liebe, Toleranz, Dialogbereitschaft blieben auch später seine Mittel für die Einheit der Kirche, als er als Bischof seine Diözese leitete. Er riet dies ebenso seinen Mitbrüdern im Priester- und Bischofsamt, aber auch den Fürsten und Königen. Leider, so muss man sagen, hat damals niemand auf Franz von Sales gehört. Am Ende seines Lebens musste er zusehen, wie die einzelnen Nationen erneut zu den Waffen griffen und der 30-jährige Krieg begann, der Millionen Tote forderte, und Hunger, Not, Elend über ganz Europa brachte.

„Alle sollen eins sein! – Wie du, Vater, in mir bist und ich in dir bin, sollen auch sie in uns sein, damit die Welt glaubt, dass du mich gesandt hast,“ betete Jesus. Franz von Sales hat dies mit Gebet, Liebe, Toleranz und Dialog versucht, in die Tat umzusetzen … Seine Methode, die er in seiner Antrittsrede als neugeweihter Priester vorgestellt hat, ist im Bemühen um diese Einheit bis heute aktuell: „Nicht Eisen schlage ich vor, nicht Schwefeldampf, der nach dem Feuerofen der Hölle schmeckt und riecht, sondern Liebe und Gebet.“

Der Wunsch des Franz von Sales, die Einheit des Glaubens wieder herzustellen, ging leider nicht in Erfüllung. Seine Bischofsstadt Genf, die er aufgrund der religiösen Konflikte nie betreten durfte, ist aber heute der Sitz des „Weltkirchenrates“, also des „Ökumenischen Rates der Kirchen“, der jedes Jahr weltweit die „Gebetswoche für die Einheit der Christen“ organisiert. Also irgendwie lebt sein Bemühen um die Einheit der Christinnen und Christen dann doch bis heute weiter. Amen.

P. Herbert Winklehner OSFS