Predigt zum 33. Sonntag im Jahreskreis (Lk 21,5-19)

Weltuntergang

Man muss kein Prophet sein, um vorherzusagen, dass die Welt untergehen wird. Das machen mittlerweile unsere Naturwissenschaftler. In ein paar Millionen Jahren wird die Erde von der Sonne verschluckt werden. Der Mensch wird schon viel früher untergehen. Manche Forscher meinen sogar, dass in etwa hundert Jahren kein Trinkwasser noch saubere Luft vorhanden ist, damit der Mensch überleben kann.

Man muss auch kein Prophet sein, um zu wissen, dass es im kommenden Jahr Kriege und Unruhen geben wird, Erdbeben, Seuchen und Hungersnöte … ebenso werden Menschen wegen ihres Glaubens verfolgt, gefoltert und getötet werden – und in den Familien und der Verwandtschaft wird es Streit und Zwietracht geben.

All das, was im heutigen Evangelium zur Sprache kommt, ist also keine Prophetie, sondern Realität. Man braucht sich nur die täglichen Nachrichten anzuschauen.

Das Entscheidende, oder das Besondere, Wesentliche und Wichtige dieser Rede Jesu ist also nicht das Katastrophenszenario, das er zeichnet, sondern die Sätze dazwischen, in denen er uns darauf hinweist, wie wir darauf reagieren sollen.

„Gebt Acht, dass man euch nicht irreführt!“ sagt er. „Lasst euch nicht erschrecken“, „Legt Zeugnis ab“, „Ich werde euch die Worte und die Weisheit eingeben“ und schließlich: „Wenn ihr standhaft bleibt, werdet ihr das Leben gewinnen“.

Aufgeschrieben wurden diese Worte Jesu nach der Zerstörung des Tempels in Jerusalem … für die Menschen damals war diese Zerstörung die Katastrophe schlechthin … ein Trauma, das noch heute nachwirkt, wenn wir uns die Konflikte um den Jerusalemer Tempelberg anschauen, die das politische Tagesgeschehen immer noch beeinflussen.

Menschen in solchen Krisensituationen möchte Jesus Mut machen, in dem er darauf hinweist, dass das Festhalten an ihn und seiner Botschaft den Ausweg aus diesen großen und kleinen Katastrophen darstellt. Wer standhaft bleibt und ihm nachfolgt, der wird das Leben gewinnen – trotz allem.

Verglichen mit anderen Teilen der Erde leben wir hier fast wie im Paradies. Ich glaube, das ist das Erste, was wir uns jeden Tag bewusst machen und nie vergessen sollten. Dennoch müssen auch wir uns den täglichen Herausforderungen stellen, und manchmal auch persönlichen Katastrophen, die uns an Gott und der Welt zweifeln und verzweifeln lassen. Das Wort „Religion“ – „religio“ – bedeutet „Festhalten“, „sich anbinden“ … Unser Glaube an Jesus Christus stellt also das „Führungsseil“ dar, das uns trotz aller Irrungen und Wirrungen nicht verlorengehen lässt, sondern jenen Halt und jene Orientierung bietet, mit dem wir das Leben gewinnen. Alles, was dazu notwendig ist, ist das Vertrauen in Gott, dass er uns die Angst nimmt, uns die richtigen Worte eingibt und an jenes Ziel bringt, für das wir bestimmt sind, nämlich zum Leben in Fülle.

„Gott hält in den Labyrinthen und Irrwegen unser Führungsseil“ (DASal 7,133) schrieb Franz von Sales in einem Brief. Halten Sie sich also mit ganzem Herzen und ganzer Seele daran fest. In seinem berühmten Buch „Philothea“ empfiehlt er uns: „Mag das Schiff diesen oder jenen Kurs nehmen, … die Kompassnadel wird doch stets nach Norden zeigen. Mag nicht nur um uns herum, sondern auch in uns alles drunter und drüber gehen, … immer soll unser Herz, unser Geist und der höhere Wille gleich der Kompassnadel unablässig auf die Gottesliebe als ihr einziges und höchstes Gut schauen und ausgerichtet sein. ‚Ob wir leben oder sterben‘, sagt der Apostel, ‚wir gehören Gott an‘ (Röm 14,8). ‚Wer wird uns von der Liebe Gottes trennen?‘ … nichts wird uns je von dieser Liebe trennen, weder Leid noch Angst, weder Tod noch Leben, weder gegenwärtiges Leid noch Furcht vor zukünftigem Unglück…: Nichts wird uns von dieser heiligen Liebe trennen, die in Jesus Christus begründet ist.“ (DASal 1,230).

Und mit Hilfe dieser „heiligen Liebe“ werden wir das Leben gewinnen. Genau das ist unsere Hoffnung und unser Glaube, den Jesus uns mit seiner heutigen Botschaft ans Herz legen will. Amen.

P. Herbert Winklehner OSFS