Predigt zum 3. Adventsonntag (Lk 3,10-18)

Gott ist im Kommen

so wie schon letzten Sonntag, so steht auch heute wieder Johannes der Täufer im Mittelpunkt des Evangeliums: der berühmte Rufer in der Wüste, der die Menschen auf das Kommen des langerwarteten Messias vorbereitet. Was sollen wir tun? wird er von den Menschen gefragt … und er gibt ganz unterschiedliche Antworten, je nach dem, wer ihn fragt: der Zöllner, der Soldat, das Volk. Was würde Johannes der Täufer uns heute antworten?

Ein sehr bekanntes und auch gerne zitiertes Wort des heiligen Franz von Sales lautet: „Blühe, wo du gepflanzt bist“. Schaut man nach, wo Franz von Sales das geschrieben hat, dann stellt man allerdings fest, dass er eigentlich etwas mehr schreibt, nämlich: „Blühe dort, wo Gott dich hingepflanzt hat“ (vgl. DASal 5,271).

Ähnlich ist es auch mit dem heutzutage gern verwendeten Wort „Carpe diem“ – „Nütze den Tag“. Franz von Sales kennt diese Aussage seit seiner Studienzeit. „Um den Tag gut zu verbringen“ nimmt er sich allerdings Folgendes vor: „Wenn ich am Morgen erwache, werde ich meinem Gott sogleich Danke sagen.“ (DASal 12,154) Franz von Sales nützt also den Tag nicht einfach so, sondern: um Gott Danke zu sagen.

Offenbar neigen wir Menschen dazu, Gott aus unserem Alltag und aus unserer Alltagssprache herauszukürzen. Das Zitat scheint ohne Gott besser zu klingen – bzw. es könnte ja auch etwas peinlich für mich werden, wenn ich vor anderen Gott in den Mund nehme. Bei einer Predigt erwartet man das irgendwie schon, dass da Gott vorkommt, im Alltag aber nicht. Aus Grüß Gott wird Hallo oder Guten Tag, aus dem Christkind der Weihnachtsmann, aus dem Christkindlmarkt der Winterzauber.

Daher ist es gut, dass es jedes Jahr den Advent gibt – und die Botschaft, an die uns diese vier Wochen wieder erinnern wollen. Diese Botschaft des Advents lautet nicht: „Denk daran, was du wem zu Weihnachten schenken sollst – oder wem du welche Weihnachtsgrüße schicken willst.“ Die Botschaft des Advents lautet: „Gott ist im Kommen!“ Ja wirklich: Gott kommt. Er will den Menschen nahe sein, ganz nahe, nicht nur am Sonntag, sondern vor allem im Alltag, dort, wo der Mensch lebt und arbeitet, dort, wo er Zuhause ist, also dort, wo Gott uns hingepflanzt hat, an jedem Tag, den er uns geschenkt hat.

Was sollen wir also tun? Das Evangelium von heute beantwortet diese Frage ganz unterschiedlich, weil eben ein Zöllner anders handeln soll als ein Soldat, weil jeder Mensch unterschiedliche Aufgaben, Fähigkeiten und Schwächen hat. Für alle aber gilt eines gleich – das, was Johannes der Täufer in der Wüste verkündete: „Lass Gott an dein Herz heran“. Nimm Gott ernst, lass ihn in deiner Mitte leben. Leg den alten Menschen ab, der Gott aus seinem Leben herauskürzt. Werde ein neuer Mensch, getauft mit Heiligem Geist und mit Feuer, durch den Gottes Gegenwart in unserer Mitte spürbar wird.

Die Grundfrage des Advents lautet also: Spüren die Menschen an mir und meinem Verhalten im ganz normalen Alltag, dass Gott im Kommen ist. Oder haben ich Gott so weggekürzt, dass ja keiner merkt, dass ich irgendetwas mit Gott zu tun habe?

Das sind alles Fragen, die ich mir heute und in den nächsten Tagen stellen kann, damit Gott wirklich wieder zu mir kommt und mein Leben, meinen Alltag, mein Herz bewegt und bestimmt.

Ein bisschen Zeit haben wir ja noch bis Weihnachten. Nützen wir sie, weil Gott sie uns geschenkt hat. Amen.

P. Herbert Winklehner OSFS