Predigt zum 24. Sonntag im Jahreskreis (Mk 8,27-35)
Kreuzesnachfolge
Wer Werbung macht, egal ob für eine Person, ein Produkt, eine Veranstaltung oder eine Partei, der stellt normalerweise immer das Beste in den Vordergrund. Im heutigen Evangelium erleben wir bei Jesus etwas anderes. „Wer hinter mir hergehen will“, so sagt er, „der verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach.“ – Und dann noch deutlicher: „Wer sein Leben retten will, wird es verlieren. Wer aber sein Leben um meinetwillen verliert, der wird es retten.“
Sich selbst verleugnen, das Kreuz auf sich nehmen, das Leben um Jesu willen verlieren: Jesusnachfolge ist kein gemütlicher Spaziergang, keine erfrischende Wanderung durch die wunderschöne Natur. Nachfolge bedeutet auch das Kreuz. So wichtig der Lobpreis auch ist – „Du bist der Messias, der Sohn des lebendigen Gottes“ – er genügt nicht. Es geht auch darum, zu Jesus Christus und seiner Botschaft zu stehen, wenn es mir nicht gefällt, wenn es schwierig wird, wenn es Widerstand gibt, Spott oder Hohn, wenn es weh tut – wenn der Weg Jesu zum Kreuzweg wird.
Der Apostel Petrus hat lange gebraucht, um das zu verstehen. Als es um das Kreuz ging, wurde der Apostelfürst, auf dem Jesus seine Kirche gründet, zum „Satan“ – das heißt auf Deutsch „Widersacher“, „Gegner“. Er verleugnet nicht sich selbst, sondern Jesus, er rennt vor dem Kreuz davon – wie fast alle anderen Apostel auch. Aber er hat sich schließlich doch durchgerungen und erkannt, dass er in der Nachfolge Jesu Wege gehen muss, die ihm nicht gefallen, die schmerzhaft sind, ja das Leben kosten, um es zu retten.
Ein anderes Beispiel ist Maria, die Mutter Jesu. Als ihr der greise Simeon im Tempel prophezeite: „Dir wird ein Schwert durch die Seele dringen“ (Lk 2,35) – da sagte sie nicht: Nein, das will ich nicht! Das darf nicht geschehen … Maria blieb bei ihrem Versprechen, das sie dem Engel gab: „Ich bin die Magd des Herrn. Mir geschehe, wie du gesagt hast.“ Und das blieb so ihr Leben lang. Sie lief vor dem Kreuzweg nicht davon, sondern begleitete ihren Sohn bis unter das Kreuz, ja bis zum Grab. Die Darstellungen der Pieta – Maria mit ihrem toten Sohn Jesus auf ihrem Schoß – geben bis heute davon Zeugnis.
Wahrscheinlich ist die Mutter Jesu gerade deshalb zum Zufluchtsort so vieler Menschen über die letzten zwei Jahrtausende geworden, die in der Nachfolge Jesu mit einem Kreuz oder einem Schwert in ihrer Seele zu kämpfen haben. Bei Maria fühlt man sich verstanden und erhofft sich deshalb Hilfe und Kraft in den eigenen Anliegen, Sorgen und Nöten. Unterbewusst weiß man einfach, dass uns diese Jesusnachfolgerin, die nicht davongelaufen ist, als es gefährlich und schmerzhaft wurde, auch uns nicht verlassen wird, wenn es in unserem Leben schmerzhaft wird.
„Wer auf Gott vertraut, der wird nicht verloren gehen“, so meinte der Heilige Franz von Sales, der auch immer wieder Zuflucht bei der Gottesmutter suchte und sich dort die Kraft holte, gerade wenn es in seinem Leben schwierig wurde. Das Vorbild seines Gottvertrauens war Maria, die selbst in den schmerzvollsten Stunden ihres Lebens nicht davonlief, sondern Jesus nachfolgte.
Die Widerstände und Anfechtungen gegen unseren Glauben werden nicht geringer. Wir Christinnen und Christen werden immer mehr zu Exotinnen und Exoten, denen man mit Unverständnis begegnet und die man im besten Falle hinter vorgehaltener Hand belächelt. Zu seinem Glauben stehen – selbst unter dem Kreuz – wird umso bedeutsamer, je mehr man in einer Gesellschaft zur Minderheit wird. Das Jesus-Wort des heutigen Evangeliums will nichts beschönigen, uns jedoch ermutigen, so wie Maria an Jesus Christus und seiner Botschaft festzuhalten. Denn: „Wer sein Leben retten will, der wird es verlieren, wer aber sein Leben um Jesu und seiner Botschaft willen verliert, der wird es retten. Amen.
P. Herbert Winklehner OSFS