Predigt zum 20. Sonntag im Jahreskreis (Lk 12,49-53)

Das Feuer Jesu

So komisch das jetzt vielleicht klingen mag, aber diese Stelle aus dem Evangelium, das wir gerade gehört haben, gehört zu einem meiner Lieblingsstellen. Warum? Aus einem ganz einfachen Grund: die Stelle fordert mich heraus, sie bringt mich zum Nachdenken, und das immer wieder, und jedes Mal von Neuem entdecke ich etwas für mich Wertvolles.

Und wahrlich: diese Aussagen Jesu, die wir da heute hörten, sind sehr ungewöhnlich und entsprechen so gar nicht unseren Vorstellungen von der frohen Botschaft, die Jesus sonst den Menschen vermittelte.

Da ist von Feuer die Rede, mit der die Erde in Brand gesetzt werden soll, vom Schwert und von der Zwietracht, die Familien voneinander trennt. Das klingt eher nach einem islamistischen Staat und an Dschihad, als nach der weihnachtliche Friedensbotschaft der Engel, dem Programm der Liebe, ja sogar Feindesliebe der Bergpredigt oder dem österlichen Gruß des Auferstanden: Shalom – das vollendete Leben sei mit euch.

Was ist davon zu halten? Erstens: Hinter der frohen Botschaft Jesu, die er auf dieser Welt verkündete, steckt viel mehr als wir vielleicht manchmal meinen. Es geht nicht nur um Friede, Freude, Eierkuchen, um eine Art Wellness-Spiritualität oder Designerdroge, die uns das Paradies auf Erden verschaffen will. Die Botschaft Jesu ist eine Revolution, die die Sicht der Welt und des Menschen und die Gottesbeziehung vollkommen verändert. Diese Radikalität wird in diesem Abschnitt sehr deutlich. Jesus brennt für diese völlig neue Lehre, die er mit Vollmacht verkündet, und er möchte, dass auch wir dafür brennen, selbst dann, wenn wir dafür Nachteile in Kauf nehmen müssen, wie etwa die Trennung von der Familie, Zwietracht und Spaltung. Und genau das kann ja tatsächlich vorkommen, dass ich in Situationen gerate, in denen ich mich als Christin oder Christ entscheiden muss – für Jesus und damit für ein Leben, das Spott, Verachtung, Verfolgung und Kreuz bedeuten kann, oder gegen ihn, damit mich die Welt mit ihren Angriffen in Ruhe lässt und ich mein bequemes Leben weiterführen kann.

Das zweite, dass mir einfällt; ist der heilige Franz von Sales, unser liebevoller, sanftmütiger, geduldiger und herzliche Heilige. Wenn man sein Leben aber in allen Facetten betrachtet, so gab es da genug Situationen, in denen er vor die Entscheidung gestellt war, sich für den Weg Jesu zu entscheiden, auch wenn ihm das Kritik, Spott oder sogar Todesdrohungen einbrachte. Für ihn gab es bei aller Toleranz und Geduld eine rote Linie, die er nicht überschritt: und diese Linie war Jesus Christus und seine radikale Liebe, die bereit war, sich dafür kreuzigen zu lassen. Diese Liebe brannte in ihm wie Feuer. Damit steckte er viele andere an, aber er ließ sich dieses Feuer von niemandem löschen. In seinem Buch „Abhandlung über die Gottesliebe (Theotimus)“ schreibt er daher:

„‘Höre,‘ spricht er [Jesus], ‚ich bin gekommen, Feuer auf die Erde zu senden, und was will ich anderes, als dass es brenne?‘ (Lk 12,49). Und um uns die Glut dieses Verlangens noch mehr zu offenbaren, trägt er uns diese Liebe mit folgenden wunderbaren Worten auf: ‚Du sollst den Herrn deinen Gott lieben aus deinem ganzen Herzen, aus deiner ganzen Seele, aus deinem ganzen Gemüte und aus allen deinen Kräften. Dies ist das erste und größte Gebot‘ (Mt 22,37). Wahrhaftiger Gott, Theotimus, mit welcher Liebe verlangt doch das göttliche Herz nach unserer Liebe!“ (DASal 3,118). Und an einer anderen Stelle kommt er zum Schluss: Genau deshalb will Gott von uns, „dass auf dem Altar unseres Herzens immerfort das Feuer seiner Liebe lodere.“ (DASal 2,89).

Lassen wir uns also von dieser brennenden Liebe wieder anstecken und Jesus nachfolgen, selbst dann, wenn wir dadurch unsere geliebten Komfortzonen verlassen müssen. Amen.

P. Herbert Winklehner OSFS