Predigt zum 2. Fastensonntag (Mk 9,2-10)
Was ist das, Auferstehung der Toten?
Beim Nachdenken über den heutigen Text des Evangeliums ist mir Mikaela Schiffrin eingefallen, eine der erfolgreichsten Schirennläuferinnen der Geschichte. Sie erlebte eine Menge Taborerfahrungen: Weltcupsiege, Weltmeisterschaften, Olympiasiege … Dann aber verstarb plötzlich ihr Vater, was ihre Einstellung zum Leben und zur Bedeutung ihrer vielen Taborerfahrungen veränderte.
Petrus, Jakobus und Johannes werden von Jesus Christus dazu auserwählt, mit ihm auf den Tabor zu steigen und dort seine Herrlichkeit zu sehen. Sie sind davon tief beeindruckt: das strahlende Weiß, das kein Bleicher auf Erden machen kann. „Rabbi, es ist gut, dass wir hier sind,“ sagen sie. Sie wissen gar nicht, was sie sagen sollen, ja und auch Furcht befällt sie. Am Ende dieser Erzählung aber beschäftigt sie interessanterweise eine ganz andere Frage. „Sie fragten einander, was das sei: von den Toten auferstehen.“
Die drei Apostel fragten sich also nicht: Was heißt das: „drei Hütten bauen?“ Wie kann man ein solch weißes Strahlen erzeugen? Waren das wirklich Elija und Mose, die wir gesehen haben? War das wirklich die Stimme Gottes, die wir gehört haben? Und was bedeutet dieses Wort: „Das ist mein geliebter Sohn; auf ihn sollt ihr hören?“ Nein, was die drei Apostel nach ihrem Taborerlebnis tatsächlich beschäftigte, das war die Auferstehung der Toten. Was hat Jesus damit gemeint?
Der Glaube an ein Leben nach dem Tod war damals und ist heute alles andere als selbstverständlich … auch wenn wir es am Ende unseres Glaubensbekenntnisses immer brav beten: „Wir glauben … an die Auferstehung der Toten und an das ewige Leben. Amen.“ Mit diesem Glauben ändert sich nämlich unsere Lebensperspektive, unsere Einstellung zum Leben, zum Sinn des Lebens völlig. Wer an die Auferstehung der Toten glaubt, für den dauert das Leben nicht mehr bloß achtzig, neunzig oder hundert Jahre … es dauert ewig; und das Wesentliche kommt erst nach dem Tod. Die Ereignisse davor, die Glücksmomente genauso wie die leidvollen Erfahrungen werden alle eingeordnet in den Gesamtzusammenhang der Unendlichkeit. Wichtiges wird unwichtig, Unwichtiges erhält Gewicht.
Petrus will auf dem Berg Tabor drei Hütten bauen. Das Glück des Augenblicks soll festgehalten und dauerhaft gemacht werden. Es soll bleiben. Das jedoch ist nur die Sichtweise eines Menschen, der nicht weiß, was er sagen soll, weil er die Auferstehung der Toten und das Ewige Leben nicht im Blick hat. Daher sollen die drei Apostel auch solange nichts von ihrer Taborerfahrung erzählen, bis der Menschensohn von den Toten auferstanden ist, also bis sie wirklich begriffen haben, dass sich ihre Lebens-Perspektive ausgeweitet hat auf das Ewige Leben.
Der heilige Franz von Sales meinte einmal: „Es ist wahrhaftig eine allzu unnatürliche Täuschung, absichtlich diesen Übergang [vom irdischen Leben zum ewigen] zu vergessen, weil die Natur keinen von seiner Notwendigkeit ausnimmt. Deshalb richtet der kluge Mensch jeden Tag so ein, als wäre er der letzte seines Lebens.“ (DASal 12,273)
Wenn uns also der heutige zweite Fastensonntag mit der Verklärung des Herrn auf dem Berg Tabor konfrontiert, dann will uns das einerseits sagen: Ja, Gott beschenkt dich schon in diesem Leben mit Erfahrungen seine Nähe, Herrlichkeit und Größe, aber das Wissen um seine wahre Größe und Herrlichkeit, die Erfahrung seiner immerwährenden Nähe und Gegenwart stehen noch aus. Sie werden erst offenbart, wenn du von den Toten auferstanden bist.
Lassen wir uns also heute von den drei Aposteln Petrus, Jakobus und Johannes inspirieren und darüber nachdenken, was das eigentlich ist und bedeutet: Auferstehung der Toten. Dieses Nachdenken ist tatsächlich eine ganz wichtige Übung der Fastenzeit, der Vorbereitungszeit auf das Osterfest, das Fest der Auferstehung Jesu, das uns den Blick öffnet hin auf die Ewigkeit zu der wir alle unterwegs sind. Es wäre jedenfalls eine allzu unnatürliche Täuschung, das nicht zu tun und uns nur auf das Leben hier auf Erden zu konzentrieren. Amen.
P. Herbert Winklehner OSFS