Predigt zum 2. Adventsonntag (Mt 3,1-12)
Entscheidende Umkehr
Johannes der Täufer ist sicher einer der prägendsten Gestalten des Advents. Trotzdem hat er es bis heute nicht in die Regale unserer Kaufhäuser geschafft, so wie zum Beispiel der heilige Nikolaus. Offenbar eignet er sich nicht so gut als Schokoriegel oder andere Arten von Süßwaren. Er ist eben der etwas raue Rufer in der Wüste, der sich mit Kamelhaaren kleidet und von Heuschrecken ernährt … und der für seine Zuhörer nur die eine, jedoch sehr klare und unmissverständliche Botschaft kennt: „Kehrt um. Bekennt eure Sünden und lasst euch durch die Taufe reinwaschen.“ Das aber ist so gar nicht das, was die Menschen gerne hören wollen, schon gar nicht auf den Advent- und Weihnachtsmärkten, bei Punschständen und „Süßer die Glocken nie klingen“, noch dazu, wenn sie auch noch als „Schlangenbrut“ bezeichnet werden.
Interessant ist aber, dass die Leute trotzdem alle zu Johannes dem Täufer hinaus in die Wüste rennen. Es muss also von ihm doch etwas Anziehendes und Faszinierendes ausgegangen sein, zumindest etwas so Besonderes, dass die Leute neugierig wurden. Und Neugierde ist ja bekanntlich immer ein hervorragendes Lockmittel. Johannes der Täufer war jedenfalls zu seiner Zeit eine Sensation, die man sich anschauen wollte – und nicht wenige vermuteten in ihm den Messias, also jenen schon seit Generationen erwarteten Heilsbringer, der die Welt retten wird. Da nutzte es auch nichts, dass er selbst das kategorisch ablehnte: „Nein, Ich bin es nicht! Ich bin es nicht einmal wert, dem Messias, der nach mir kommen wird, die Schuhe auszuziehen“, also jenen Dienst zu tun, den damals nur die niedrigsten Sklaven verrichteten.
Die Faszination für Johannes den Täufer ist heute schon längst vorbei – seine Botschaft allerdings gilt trotzdem noch immer: „Kehrt um, bereitet dem Herrn den Weg, ebnet ihm die Straßen“.
Was bedeutet diese Botschaft nun für uns heute? Zunächst einmal sollte sich jede und jeder wieder einmal die Frage stellen: Wohin bin ich eigentlich unterwegs? Was ist denn tatsächlich mein Ziel, das ich anstrebe? Was suche ich, was erwarte ich mir von meinem Leben? Und wenn ich diese Frage beantwortet habe, dann sollte ich mich fragen, ob ich damit auch auf dem richtigen Weg bin … und wenn nicht, dann wäre es tatsächlich an der Zeit, jetzt umzukehren und nicht mehr länger zu warten.
Die Fragen: Wo will ich hin? Was ist das Ziel meines Lebens? Was suche ich? Wonach sehne ich mich?, diese Fragen sind also typische Adventfragen und wichtig zur Vorbereitung auf das Hochfest der Geburt unseres Herrn Jesus Christus.
Franz von Sales hatte übrigens eine eindeutige Antwort und diese lautete:
„Ich wende mich meinem gütigen und barmherzigen Gott zu und bin unwiderruflich entschlossen, ihm zu dienen und ihn zu lieben, jetzt und ewig. Ich weihe ihm zu diesem Zweck meinen Geist mit all seinen Fähigkeiten, meine Seele mit all ihren Kräften, mein Herz mit all seiner Liebe, meinen Leib mit all seinen Sinnen. … Auf ewig will ich ihm treu … sein. Nie mehr will ich mich von ihm abwenden oder meine Hingabe bereuen … Dies ist mein Wille, meine Absicht, mein unabänderlicher und unwiderruflicher Entschluss, den ich hiermit bekunde und bekräftige, ohne Ausnahme und Vorbehalt“ (DASal 1,62).
Wenn wir uns heute in die zweite Adventwoche aufmachen, dann könnten wir im Sinne des heiligen Franz von Sales diese Woche ernsthaft dazu nutzen, unsere Entscheidung für Gott zu erneuern, natürlich nur, wenn wir das wirklich ernsthaft wollen: „Ich will mich mit all meinen Kräften und Fähigkeiten, mit meinem Herzen und mit meinem Willen wieder voll und ganz auf Gott ausrichten und ihm folgen – im Vertrauen darauf, dass er mich dann auch die richtigen Wege führt und lenkt.“ Amen.
P. Herbert Winklehner OSFS